Auszusteigen aus der Mühle des Alltags ist für viele ein langersehnter Traum. Für die meisten bleibt es jedoch ein Traum, weil sie die Angst vor der Unsicherheit des Lebens »danach« dann eben doch davon abhält, den Sprung ins Ungewisse zu wagen.
Emilio Falcione und Elisabetta Funghi haben ihn gewagt. Sie kaufen 1990 im äußersten Süden der Toskana, in der Provinz Grosseto, auf halbem Weg zwischen Monte Amiata und dem Meer, einen seit vielen Jahren verlassenen Bauernhof. Er liegt auf 500 m Höhe und verspricht, vom klimatischen Spannungsfeld zwischen dem Berg und dem Meer profitieren zu können. Doch zunächst müssen die Gebäude renoviert, die Reben regeneriert und die Böden wieder fruchtbar gemacht werden. Elisabetta und Emilio machen sich ans Werk. Von Beginn an wirtschaften die beiden organisch biologisch und schaffen so binnen weniger Jahre das Unmögliche: Sie können von ihren 25 Hektar Land leben. 10 ha Wald überlassen sie weitgehend der Natur. 4,5 ha Reben, die der Vorbesitzer ihnen verwahrlost hinterließ, liefern den ersten Wein. Auf einem Hektar uralter Olivenbäume gewinnen sie Öl und auf neun Hektar bauen Sie alte lokale Getreidesorten, Hülsenfrüchte und Gemüse an. Ihre Böden sind karg. Die Arbeit auf ihnen ist hart. Ihre Erwartungen an ein erfülltes Leben im Einklang mit der Natur hält die beiden aber bis heute zusammen, macht sie sichtlich zufrieden und so können sich die beiden ein anderes Leben als das ihre nicht mehr vorstellen. Was für ein wohltuender Unterschied zu den synthetisch neureichen Monster-Weingütern reicher Aussteiger, die in den letzten Jahrzehnten in der Toskana und der Maremma aus dem Boden gestampft wurden. Da sind unsere Präferenzen klar abgesteckt.
1998 stellt »La Busattina« auf zertifiziert biodynamischen Anbau nach Demeter® um. Emilio und Elisabetta verschreiben sich dem Konzept einer ganzheitlichen Bewirtschaftung konsequent wie wenige andere. Auf ihrem Bauernhof sind Mensch und Natur in bewundernswert selbstverständlicher Autonomie miteinander verbunden. Emilio Falcione ist kein Mann der vielen Worte. Er genießt die Stille seines Hofes hoch oben auf dem Hügel, weit weg von der hektischen Zivilisation. Nur die Bienen, viele Gänse, ein paar Esel, Pferde, Kühe und Ziegen und ein großer Hund leisten ihm und Elisabetta Gesellschaft. Hier oben scheint kein Platz für schnelle Modernität. Hier hat die Natur noch Zeit und Raum, ihre Arbeit verrichten zu können.
Deshalb haftet den Weinen von »La Busattina«, die den Betrieb von Anfang an finanziell tragen, auch ein wunderbar altmodisch wirkendes Flair an, ähnlich einem S/W-Polaroidfoto. Als wären sie seit etruskischer Zeit hier auf stets gleiche Weise produziert worden. Ihre kleinen Parzellen liegen auf über 500 m Höhe in exponierter Lage an einem Hügel in südöstlicher Ausrichtung. Der ständig wehende Wind ventiliert die Reben, die starken Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sorgen in Verbindung mit den kargen Böden für niedrige Erträge, zu Pilz- und anderen Rebkrankheiten kommt es hier nur in Ausnahmejahrgängen. Dann behandelt Emilio sie mit Netzschwefel, winzigen Mengen an Kupfer wenn es sein muß, sowie Pflanzen- und Agrumen-Tees und den biodynamischen Präparaten. Lebendige Traditionen und Erfahrungswissen sind ihm wichtiger als die Dogmen und Esoterik Rudolf Steiners.
Im Keller setzt er auf gesunde Trauben, weshalb auf »La Busattina« ausschließlich von Hand in kleine Boxen gelesen wird. Vor der Kelter wird noch einmal aussortiert. Die Böden sind sichtbar vital, die Reben von beispielhafter Biodiversität umgeben. Deshalb laufen die Gärungen, trotz Verzichts auf moderne Kellertechnik und Kontrolle der Gärtemperatur, ohne Probleme in kleinen Gebinden auf natürliche Weise spontan durch. Emilio sieht sich im Keller nur als Begleiter einer natürlichen Weinwerdung. Im profunden Wissen um die Kultur der Gärung und der reduktiven Wirkung der natürlichen Hefestämme versucht er per »kontrollierten Nichtstuns« mehr zu lenken als einzugreifen. Deshalb versteht es sich auch von selbst, daß er seine Moste und Weine weder schönt, noch filtriert, und für die natürliche Konservierung seiner Weine setzt Emilio auf lange Maischestandzeiten ohne mechanische Extraktion, bei minimaler Schwefelung von maximal 40 mg/l Gesamt-SO2.
Vor den üblichen önologischen Zusätzen und geschmacksverändernden Manipulationen ist man auf »La Busattina« sicher. So schmecken die Weine denn auch: Nackig und ungeschminkt, durchaus rustikal und so wild, wie die Natur, die sie hervorgebracht hat. Es sind berührend natürliche, kraftvoll expressive, provozierend unmodische Weine, die so zeitlos gegen den Strich des italienischen Mainstreams gebürstet sind, daß man sich erst an sie gewöhnen, oder besser: auf sie einstellen muß.
Busattinas Weißwein »San Martino« strotzt nur so vor Gerbstoffen auf der Zunge. Er mazerierte in klassischer offener Maischegärung über 7-10 Tage auf den Beerenschalen. Ergebnis ist ein alkoholisch angenehm leichter, aromatisch faszinierend duftiger, strukturell knochentrockener, vor lauter Phenolik aber herb bitterer, fordernd exemplarischer Orange-Wein, der es in sich hat.
Busattinas Rotweine erkennt man ihrer wunderbar unmanipulierten Gerbstoff-Wirkung. Deftig rustikal auf der Zunge, von dunkler Würze durchdrungen und von saftiger Frucht getragen. Das wirkt so frei und ungezwungen fröhlich, so befreiend natürlich, daß sie in Wirkung und Ausstrahlung geradezu wohltuend anders auftreten als all das, was man aus Italien und der Maremma gewohnt ist und kennt.
Az. Agricola Biodinamica La Busattina |
Loc. Busattina |
San Martino sul Fiora |
58014 Manciano (GR) |
Erstinverkehrbringer: Gebr. Kössler & Ulbricht GmbH & CoKG