Immerhin, der erste Jahrgang ist auf Flasche, fünf Weine suchen neue Kunden. Ihre Weißweine und ihr Rosé genießen schnell guten Ruf, fangen an, sich zu verkaufen. Doch die gesamte Ernte auf Flasche verkaufen zu können, scheint unmöglich, ein Teil ihrer Trauben geht deshalb weiterhin an die Genossenschaft. Kein leichter Start in die Zukunft: Der Markt ist voll, er ist marktschreierisch laut und durch die Social Media oberflächlich und schnell geworden. Wie kann man sich da als neuer Betrieb Gehör verschaffen?
Da führt uns der Zufall zusammen. In ihrem fünften Jahrgang auf Flasche präsentieren uns Constantins zwei Weine, die uns auf verblüffende Weise an die beliebten Weine von Château Roquefort in La Bedoule erinnern, die wir über 20 Jahre so erfolgreich vertrieben, nach dem Verkauf des Weingutes aber blutenden Herzens aus dem Programm nahmen. Sollten wir hier würdige Nachfolger gefunden haben? Die Nachprobe zu Hause überzeugt, wir werden handelseinig, hier sind sie, die Weine von Familie Constantin aus der nördlichen Provence, vom Fuße des legendären Mont Ventoux.


Lange bevor Familie Constantin mit der Selbstvermarktung ihrer Weine begann, produzierte sie Trauben für die lokale Genossenschaft. Die Herausforderung auf dem Weg zum eigenen Wein lag also nicht in der routinierten Arbeit in den Weinbergen, die beherrscht Familie Constantin vortrefflich, sondern in der Weinbereitung im neu geschaffenen Keller. Doch der Wein von 34 Hektar Reben will erstmal vermarktet werden. Also beginnt man klein und baut Jahr für Jahr behutsam die Produktion aus. Den Rest an Trauben liefert man weiter an befreundete Winzer und die Genossenschaft.

Vor allem Vanessa und Karine interessieren sich für die Weinbereitung. Unter Anleitung eines Önologen erlernen sie, zusammen mit ihren Männern, das Handwerk der Kellerwirtschaft. Seitdem ist auf der Domaine Grands Puys Frauenpower angesagt. Hier wird vieles anders gemacht als anderswo. Bescheidenheit statt Größenwahn. Praxis statt Protz. Man weiß um die eigenen Fähigkeiten im Weinberg, aber auch, daß die Kunst der Weinbereitung auf Erfahrung beruht, an der es vorerst noch fehlt. Deshalb arbeitet Familie Constantin mit Engagement, Ehrgeiz und Leidenschaft an ihrer Zukunft.

Das eigene Weingut aufzubauen ist ein hartes Unterfangen. Zwar gehören alle Parzellen der Familie und werden auch schon seit Generationen von ihr bewirtschaftet, doch immer wurden die Trauben verkauft, so daß Familie Constantin nie erfuhr, wie der Wein aus ihren Trauben schmeckt. Die Erfahrung macht sie prompt in einer Rückkopplung, die Auswirkungen auf den Anbau draußen, wie auf den Ausbau im Keller hat. So kauft sie für den Rotwein neue Fässer und erarbeitet sich ambitioniert durch spontane Gärung, langes Hefelager und Verzicht auf Zusatzstoffe den eigenen Stil für Rosé und Weißwein.
Im Rosé liegt die Zukunft ...
Die Weinwelt durchlebt eine heftige Krise. Vor allem Rotwein sinkt dramatisch in der Gunst der internationalen Weintrinkerschaft. Selbst der sogenannte »Fine Wine«, die großen Premium-Namen, leiden heftig. Rosé aber läuft und läuft und läuft, weil er derzeit in Mode ist. Deshalb verunstalten viele schwache Weine, hinter denen oft berühmte Persönlichkeiten oder Luxusmarken stehen, den Markt mit restsüßen oder banal fruchtigen Rosés aus technischer Großproduktion, die mit dem, was guter Rosé sein kann, nicht viel zu tun haben.
Die Domaine Grands Puys setzt auf herzhaft würzigen, delikat leicht zu trinkenden, anspruchsvoll stoffig den Mund füllenden, trocken herben Rosé, der eine gewisse Frucht besitzt, vor allem aber auf Tiefgründigkeit und mineralische Präzision setzt. Guter, seriöser Provence-Rosé, wie er sein kann und sein muß.
... oder doch eher im Weißwein?
Familie Constantins Weißwein steht unverwechselbar für die Haut-Provence: Weiße Blüten, Passionsfrucht, ein Hauch reife Mango, das mundwässernde Aroma von Zitrusfrüchten in einem Weißwein milder Säure aber prägnanter Frische. Gekeltert aus Grenache Blanc, der großen weißen Rebsorte des Südens, die hier zeigt, was sie kann, sowie Vermentino und Clairette, den beiden anderen weißen Rebsorten des Südens, die sich als ideal adaptiert an die Extreme der Klimakrise erweisen. Diese merkwürdige Mischung aus Herbheit und Frische, aus bissigem Griff und mundfüllendem Wohlgefühl, aus mundwässernder Frische und kräuterwürzigem Tiefgang, die gibt es nirgendwo sonst: Provence pur. Begleitet die Küche des Sommers in Perfektion, macht Freude zu frischem Seefisch, sorgt aber auch für Wohlfühl-Atmosphäre an grauen Abenden im Winter. Macht Freude, schafft Freunde.


Familienbetrieb. Da macht jeder mit
34 Hektar Rebfläche ist eine stattliche Größe. Viele unserer Betriebe sind mit meist deutlich unter 20 ha Rebfläche sehr viel kleiner. Doch noch geht es auf der Domaine Grands Puys zu wie auf einem unserer Kleinbetriebe. Da ist Handarbeit angesagt, wenn abgefüllt wird. Da muß dann die ganze Familie helfen. Da legen dann Töchter, Freunde, Bekannte mit Hand an. Das macht diesen langsam sich generisch entwickelnden Familienbetrieb so sympathisch. Da kann nicht protzig geklotzt werden mit automatischen Abfüll- und Verpackungsstrassen. Hier wird noch von Hand abgefüllt und verpackt und man versucht bescheiden seinen Platz auf dem Markt zu finden. Ohne großen Marketing-Etat, ohne Weinschreiber dafür zu bezahlen, daß sie etwas verlautbaren, ohne Anzeigenwerbung oder teure Messestände. Familie Constantin ist, wie viele unserer kleinen Betriebe, auf die Mund-zu-Mund-Propaganda zufriedener Kunden angewiesen, die nachhaltiger funktioniert, als teure Google-Kampagnen oder Social Media-Werbung, der wohl beste Beweis für die Qualität ihrer Weine.

Vielfalt der Böden und ein erstaunlich raues Klima
Das Hinterland des Mont Ventoux liegt in der Haut-Provence. Dort ist das Klima gänzlich anders als im Departement Var im Hinterland der Côte d´Azur, das unter Urlaubern als die eigentliche Provence gilt. Die Böden sind ähnlich karg und von Trockenheit gezeichnet. Die Erträge sind deshalb ähnlich gering. Auch die Rebsorten sind vergleichbar. Trotzdem riechen und schmecken die Weine des Mont Ventoux anders als »typisch provençalische Weine«. Die Winter können im Rhônetal unfreundlich kalt sein, wenn der Mistral unbarmherzig für gefühlt knochentrockene Eiseskälte sorgt. Die Temperaturamplituden sind am Mont Ventoux sehr viel ausgeprägter, was den Rotweinen zwar ähnlich tiefgründige Konzentration verleiht wie im Süden der Provence, sie aber frischer und delikater schmecken läßt, weniger kernig und deftig im Charakter. Dagegen treten die Weißweine des Mont Ventoux spürbar kalkig auf in saftiger Konsistenz voll kühler Kräuterwürze, während sich die Rosés trocken und herb, aber weniger dicht und konzentriert als ihre berühmteren Kollegen aus dem berühmteren Süden präsentieren, wo ultrareiche Promis und die üblichen Luxuskonzerne in den letzten Jahren die Preisstrukturen für Grund und Boden zur Produktion der weltweit nachgefragten Provence-Rosés nachhaltig zerstörten.
Inhalt: 0.75 l (15,87 €* / 1 l)
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