Kapellenmosesbuck
So heißt die Lage, von der aus man hier in die Ebene schaut. Auch in der Ebene wächst dort auf fruchtbaren Lößböden Wein, direkt neben Mais-Äckern, Baumschulen und ein wenig Gemüse- und Getreideanbau. Kapellenmosesbuck steht auf einem kleinen Hügel vulkanischen Ursprungs. Seine Hänge sind so steil, daß ihn vor Ort aus Kosten- und Arbeitsgründen niemand mehr bewirtschaften wollte. Seine Reben sind über 35 Jahre alt, wurden vorher konventionell bewirtschaftet, waren entsprechend verwahrlost und mußten über Jahre mühsam revitalisiert werden. Die Genetik ist eine nicht bekannte badische aus den achtziger Jahren. Nichts besonderes also - und doch herausragend anders.
Warum bringt ausgerechnet diese Lage einen der großen deutschen Spätburgunder hervor?
Als uns Charlotte und David damals die Preise nannten, die sie für ihre beiden großen Pinot Noirs wollten, staunten wir nicht schlecht. Das ist wenige Jahre her. In dieser Zeit sind die Preise für die bekannten deutschen Spitzen-Pinots in ungeahnte Höhen gestiegen. Ihre Macher sehen sich dazu offensichtlich animiert durch die explodierenden Preise in Burgund. Zwar haben sich im Einklang mit den Preisen auch die Qualitäten deutlich gesteigert, noch nie war deutscher Spätburgunder so ambitioniert und so gut, wie er sich aktuell präsentiert, doch folgen viele der angesagten Pinot-Ikonen aus deutscher Produktion einer modisch uniformen »reduktiven« Stilistik, erkennbar am charakteristischen Chinaböller-Duft, deren Formel wohl den Code zur Rechtfertigung der inzwischen doch recht sportlichen Preise liefern soll.
Von Trends halten sich Becks fern und auch ihre Preise sind stabil geblieben. Sie liegen damit heute im unteren Mittelfeld. Becks folgen ihrer Intention und den Zeichen der Natur im Sinne eines Zitates von Jules Chauvet, einem Chemiker, der als legendäre Winzerpersönlichkeit im Beaujolais (wir führten damals seine Weine bis zu seinem Tod) schon in den 1960er Jahren den Verzicht auf Schwefelung propagierte, in dem er auf die Bedeutung des pH-Wertes für die Mikrobiologie im Wein verwies: »Jeder Winzer sollte seine Weine so akzeptieren, wie sie in Wirklichkeit sind, und nicht so, wie er sie sich vorstellt«.
Jules Chauvet wird ob dieses Spruches heute als geistiger Vater der Naturweinbewegung verehrt. Charlotte und David Beck kennen weder das Zitat, noch dessen Autor. Sie folgen ihm dennoch bis heute kompromißlos wie wenige andere hierzulande, und so folgen auch die Weine der beiden einer ganz eigenen, ehrlichen und berührend natürlichen Agenda.
Obwohl ihr Klonenmaterial deutsch ist, riechen und schmecken ihre Weine so verblüffend wie überzeugend im positiven Sinne »burgundisch«. Ähnlich dunkelwürzig »blau« getönt und dicht und kompakt präsentieren sie sich in Duft und Mundgefühl. Ihre Farbe ist natürlich transparent, eher dunkel für Pinot Noir. Durch die sich natürlich eingestellten winzigen Erträge sind die Beeren klein, deren Schalen dick, die negativen klonalen Eigenschaften verschwunden, weshalb die Weine im Mundgefühl dicht verwoben wirken in überzeugend hochwertiger Gerbstoffqualität. Sie gehen im Mundgefühl auf, öffnen sich druckvoll und aufregend komplex, packen in griffiger Mineralität an den Zungenrändern zu, wie es nur Weine aus regenerativem Anbau können. Am Gaumen entfalten sie enorme Länge und wirken im Trunk frisch, langanhaltend, animierend und überzeugend hochwertig. Dabei sind sie weder breit noch opulent, füllen den Mund aber in raffinierter Dichte und potenter Kraftentfaltung, wirken dafür im Duft eher leise und im Auftritt fast bescheiden.
Es ist der konsequente Verzicht auf die Kosmetik der Önologie, der ihren Weinen ein gänzlich anderes, im Mund druckvoll von innen nach außen aufgehendes, samtig seidiges Geschmacks-Gefühl verleiht. Es macht so auch den streßfrei natürlichen spontanen Gärverlauf sinnlich nachvollziehbar, der ohne lebendige Böden mit entsprechender Wasser- und Nährstoffversorgung der Trauben und Beeren nicht möglich wäre.
Becks agieren abseits zeitgeistiger Sommelier-Trends und antrainierter Geschmacksklischees. Sie verleihen ihren zeitlos großen Weinen so eine Wertigkeit, die im Kontext der deutschen Spätburgunder-Szene eine Ausnahme ist und regelmäßig für Staunen sorgt.
In Vergleichsproben erweisen sich ihre Pinots, blind probiert, stets als auf ihre Art unverwechselbar und einzigartig. In ihrer radikal ursprünglichen, nachvollziehbar ungeschminkt »schönen« Natürlichkeit könnten sie, das kündigen kommende Jahrgänge an, zum Modell, wenn nicht gar zum Maßstab werden, an dem sich in Zukunft die Großen von morgen messen lassen müssen.
Wer sind diese Becks, die (noch) kaum jemand kennt?
2013 kommen Charlotte und David Beck nach Ausbildung, Studium und Auslandaufenthalten zurück auf den elterlichen Rossmattenhof in Jechtingen. Sie pachten die Eichert-Parzelle von Davids Vater, der Traubenproduzent für bekannte Weinbaubetriebe in Baden ist, und beginnen mit deren ökologischer Bewirtschaftung. Weitere kleine Parzellen können sie für den entstehenden eigenen Betrieb pachten. Sie stellen auch sie auf ökologische Bewirtschaftung um.
Ihre Spätburgunder-Reben sind über 35 Jahre alt, stehen auf skelettreichen Böden vulkanischen Ursprungs, teils auch auf Lössböden aus der nachvulkanischen Zeit des Kaiserstuhls. Sie übernehmen sie in einem Zustand, dessen Weine sie nicht trinken möchten. Sie behandeln ihre Reben mit Kupfer und Schwefel, sowie mit Tees von Ackerschachtelhalm, Löwenzahn, Brennnessel, Eichenrinde und Weide. Zusätzlich setzen sie pflanzliche Öle und die biodynamischen Präparate 500P und 501 ein. Nach vier Jahren der Umstellung und der Erfahrungen mit den Reben keltern sie 2017 den ersten eigenen Wein. 2019 beantragen sie die Zertifizierung auf ökologischen Weinbau durch Bioland®. Gesunde Reben gleichmäßig kargen Wuchses in einem lebendig intakten Ökosystem natürlicher Balance sind ihr erklärtes Ziel.
Dazu düngen sie mit Kompost und führen organisches Material zurück in den Weinberg. Im Frühjahr regulieren sie den Ansatz neuer Triebe sorgfältig von Hand, sorgen so für Durchlüftung, reduzieren das Risiko von Schadorganismen und fördern die gleichmäßige Reife der Früchte. Die Traubenzone entblättern sie nur, wenn es nötig erscheint. Die Rebtriebe kürzen sie im Sommer nur ein wenn nötig und wenn, dann von Hand mit der Heckenschere. So revitalisieren sie die alten Anlagen, ergänzen fehlende Stöcke und regenerieren viruskranke Reben mühsam per Hand, aufwendig aber erfolgreich. Bodenbearbeitung praktizieren die beiden kaum. So sähen sie z. B. keine Begrünung ein, sondern nutzen den natürlichen Bewuchs als Indikator für den Zustand ihrer Böden. Vieles, was die Beiden in ihrer Ausbildung gelernt haben, verändert sich so durch eigene Beobachtung zu gänzlich anderem Blickwinkel. So beschäftigen sich die Beiden heute wieder intensiv mit dem Rebschnitt, weil sie festgestellt haben, daß das, was sie gelernt haben, nicht dem natürlichen Rhythmus der Rebe entspricht. So stellen sie sich im Weinberg zunehmend auf den Rhythmus ein, den ihnen die Natur vorgibt, und ihre Weine danken es ihnen mit von Jahr zu Jahr zunehmender Intensität und Komplexität in Duft und Geschmack.
Handlese
Handlese ist für Charlotte und David Beck unbedingte Voraussetzung für die Qualität, die sie anstreben.
Je nach Jahrgang und Traubenqualität entscheiden sie schon während der Lese, ob die Trauben abgebeert (also die Beeren vom Stielgerüst getrennt) werden, nur teilweise entrappt oder als ganze Trauben (Whole Cluster) verarbeitet werden. Die wichtigste Entscheidung in Sachen Pinot Noir für Stil und Charakter eines Jahrgangs.
Größe
Um die Verarbeitung der Ernte so individuell handhaben zu können, daß man den natürlichen Stil des Jahrgangs einfangen kann, muß die Betriebsgröße dem Rhythmus der Verarbeitung entsprechen.
Becks quetschen die Trauben nicht, leiten die spontane Gärung per »pied de cuve« ohne Zugabe von Reinzuchthefe ein, und vergären in offenen Maischebehältern, die so klein sind, daß die Gärtemperatur 30°C nicht überschreitet.
Tradition
Becks keltern »traditionell« im Sinne des Wortes:
Die Maische halten sie durch Remontage per Hand feucht (ohne Pumpe). Sie pressen mit einer alten Korbpresse, mit der schon Davids Urgroßvater seine Trauben gepreßt hat. Den Presswein verwenden sie je nach Qualität. Die Weine reifen in französischen Fässern, die mehrjährig gebraucht sind, und werden, wenn nötig, erst bei der Flaschenfüllung auf unter 15 mg/l im freien Schwefel eingestellt. Naturwein.
Alte Reben
Ihre alten Reben pflegen Becks mit Hingabe und Kompetenz einzeln von Hand. Sie haben dazu buchstäblich jede ihrer Reben im Blick. Es ist eine traditionelle Arbeit, die heute aber kaum ein Winzer mehr leisten will (»zu unwirtschaftlich«). Doch ist es genau diese Arbeit, die aus den alten Reben jene unverwechselbare Ausstrahlung herausholt, die Becks Weine so besonders macht.
Wein muß mehr können, als nur zu schmecken
Auf dem Markt werden für hochgejubelte Spätburgunder renommierter Winzer aus agrarchemischer Bewirtschaftung inzwischen weit höhere Preise verlangt und bezahlt, als Becks Weine kosten. Sie halten dem Vergleich mit Becks Pinots stand, schmecken allerdings konformer, weil sie nicht den Mehrwert jener Eigenart dagegenzusetzen haben, die nur aus nachhaltiger Arbeit im Weinberg entstehen kann.
In den letzten Jahren stellen allerdings immer mehr renommierte Betriebe auch in Baden auf regenerative Bewirtschaftung um, weil sie nur so qualitativ mit der dynamischen Entwicklung dort mithalten können, die die Klimakrise mit ihren Herausforderungen ausgelöst hat. Was Becks im Kleinen vormachen, führt so zu einem schmeckbaren Mehrwert, der bei seinen Käufern allerdings voraussetzt, die sich daraus ergebende »andere« Qualität nicht nur ideell wertschätzen zu wollen, sondern auch sinnlich nachvollziehen zu können.
Einfach klein
Wer draußen im Weinberg so sorgfältig arbeitet wie Becks, braucht im Keller so gut wie keine Technik. Kleine Gärtanks, eine alte Presse, ein paar Eimer und Schläuche, gute Fässer, das war's.
Becks versorgen sich mit den notwendigen Gerätschaften im gegenüberliegenden Elsaß. Dort ist man viel mehr als bei uns, wo es immer um Menge und Größe geht, auf kleine Winzerbetriebe eingestellt. Dort gibt es Korken in kleineren Mengen und auch seltene Gerätschaften, wie sie für die Verarbeitung kleiner Mengen benötigt werden.
Becks Keller ist winzig. Dort stehen ein paar Tanks und ein paar Fässer. Wenn die Gärungen absolviert sind, werden die Weine einmal abgezogen, um dann auch den zweiten Winter im Faß zu reifen. Im Frühjahr darauf werden sie dann ohne Schönung und Filtration mit minimaler Schwefelgabe abgefüllt. All das von Hand. Und selbst Etikettierung und Verpackung für den Versand erfolgen händisch. Handwerk vom Anfang bis zum Ende.
Zeit für mehr Zeit
Becks haben keine Eile. Weder beim Wein machen, noch beim Wein verkaufen. Ihre großen Pinots kommen immer erst nach drei Jahren auf den Markt.
Durch die schonende Machart, die lebendigen Böden und den langen Ausbau auf der Hefe sind ihre Weine natürlich reduktiv und bleiben deshalb, einmal geöffnet, ungewöhnlich lange stabil - bei minimalem freien Schwefel von unter 15 mg/l. Sie entwickeln sich über Tage, oxidieren nicht, werden leiser im Duft und weniger intensiv im Geschmack, fallen aber nur sehr langsam dem Verderb anheim, Beweis erstklassiger Traubenqualität und mikrobiologischer Stabilität. Geben Sie deshalb den Weinen nach dem Öffnen der Flasche bitte Zeit im Glas. Sie entfalten sich dort über Stunden.
Inhalt: 0.75 l (26,67 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (65,33 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (65,33 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (80,00 €* / 1 l)
Inhalt: 0.75 l (80,00 €* / 1 l)
Inhalt: 1.5 l (66,00 €* / 1 l)