Jacky Blot, La Taille aux Loups

Für Jacky Blot war der September 2016 ein besonderer Monat. Er wurde mit einem fünften Stern im französischen Weinführer Bettane & Desseauve ausgezeichnet. Er gehört damit zur Spitze französischer Weinkultur, zusammen mit den Châteaux Pétrus und Margaux, mit Coche-Dury und Romanée-Conti, mit Rayas, Bollinger und ähnlichen Schwergewichten der französischen Weinszene. Diese Auszeichnung hat sich Jacky Blot wahrlich verdient. Er ist einer der ganz großen Winzer Frankreichs, der bei uns merkwürdigerweise noch immer viel zu wenig bekannt ist. Das liegt, so vermuten wir, an seinen Rebsorten, die hierzulande (noch) wenig populär sind. Auf seiner Domaine de la Butte in Bourgueil produziert er sensationell präzise Rotweine aus der Rebsorte Cabernet Franc, und mit seiner Domaine de la Taille aux Loups in Montlouis ist er bekannt für feine, leise Weißweine aus der Rebsorte Chenin Blanc, deren Eleganz und Frische unerreicht sind und nicht umsonst Weltruf genießen. Die  Auszeichnung ist so etwas wie eine späte Anerkennung der Appellation Montlouis, die bislang im Schatten der berühmten Nachbargemeinde Vouvray stand. Sie hat es vor allem Jacky Blot zu verdanken, dass sie in den letzten zwanzig Jahren nachhaltige Aufwertung erfahren hat. Und noch etwas sticht bei dieser Bewertung heraus: Während fast alle anderen mit fünf Sternen bedachten Häuser eine lange Tradition von manchmal mehreren hundert Jahren haben, ist der ehemalige Pâtissier und Weinhändler Jacky Blot gerade mal 25 Jahre im Wein unterwegs.

Tatsächlich hat Jacky Blot seine Liebe zum Wein entdeckt, als er zusammen mit seinem Bruder Jean als Junior-Pâtissier im Pariser Restaurant »Drouant« arbeitete. Nachdem der Wein immer mehr zu einer Passion für ihn geworden war, wechselte er nach Tours, um als Courtier, als Verbindungsmann zwischen Winzern und Weinhändler, zu arbeiten. Schon da fing er an, sich nach Weinbergen umzuschauen. Es muss um 1990 gewesen sein, daß Jacky Blot erstens Christophe Mesliand kennenlernte und zweitens über die sieben Hektar umfassende Domaine de la Taille aux Loups in Montlouis stolperte, die der Bordelaiser Winzer Christian Prudhomme gerade verlassen hatte. Blot konnte die Domaine finanzieren und fand mit Mesliand einen Weinbergsspezialisten, der nicht nur sein Freund wurde, sondern seit dem Start auch sein Chef de Culture draußen in den Weinbergen.

Da Weinberge in der Touraine selbst in Appellationen wie Vouvray oder Montlouis immer noch vergleichsweise günstig zu erwerben sind, hat Jacky Blot seinen Besitz von den ursprünglich sieben Hektar auf etwa 39 erweitert. Dazu gehören nicht nur zusätzliche Investition in zwei besonders gute Lagen in Montlouis (Clos Michet und Clos de Mosny) und im benachbarten Vouvray (Clos de la Bretonnière und Clos de Venise), sondern auch der Erwerb der Domaine de la Butte in Bourgueil, wo Blots Cabernet Francs entstehen. Ähnlich wie in Montlouis konnte Blot auch in Bourgueil alte Rebanlagen mit einem Durchschnittsalter von 40 Jahren erwerben. Über 14 Hektar Reben ziehen sie sich dort zusammenhängend von der Senke bis hinauf zur Kuppe eines Hügels. 

Wenn man mit Jacky Blot durch Weingärten und Keller geht, erlebt man seine Passion und Obsession hautnah. Er lebt für seine Weine. Sein Streben nach Qualität beschäftigt ihn Tag und Nacht. Er brennt für seinen Beruf. Das Geheimnis seiner Weine ist Präzision. Sie erzielt er im Weinberg, in dem er aufwendig an der physiologischen Reife seiner Trauben arbeitet. Der richtige Erntezeitpunkt ist vor allem beim Cabernet Franc mit seinem kleinen Reifefenster der alles entscheidende Faktor. Deshalb probieren Jacky Blot und Christophe Mesliand ab September alle 30 Parzellen nach einem ausgeklügelten System durch, um für jede einzelne den Erntezeitpunkt abschätzen zu können. Christophe Mesliand bewirtschaftet alle Weinberge schon seit Jahren ökologisch. Die teils hundert Jahre alten Rebstöcke sehen also schon lange keine chemischen Spritzmittel mehr. Mit dem Jahrgang 2016 ist Jacky Blot auf beiden Domainen nun endlich auch offiziell biozertifiziert. Daß die Ernte von Hand geschieht, dürfte selbstverständlich sein. Gerade beim Chenin Blanc sind manchmal mehrere Lesedurchgänge rigoroser Auslese notwendig, um die angestrebte Präzision in der Reife und damit im Mundgefühl seines Schaumweines und seiner trockenen Weißweine zu garantieren.

Ein wesentliches Geheimnis dieses Bessenen liegt im Keller. Für nahezu alle seine Weine verwendet Jacky Blot Holz – seien es Barriques, seien es Tonneaux oder Fässer unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Alters. Höchstens 10 % sind neu. Das Gefühl, für jede Lage, für jede Parzelle, für die jahrgangsabhängige Struktur eines jeden seiner Chenins und Cabernet Francs, das richtige Holz mit dem richtigen Alter zu finden, das kann man nicht einfach so lernen. Das muss man im Blut haben. Jacky Blot scheint diese Gabe zu haben. Sein Holzeinsatz ist legendär. Er mag bei einigen Ideologen auf Ablehnung stossen damit, doch vermittelt er genau damit seinen Weinen jenen feinsinnigen, eleganten und vor allem persönlichen Stil, der sie unverwechselbar macht und relativ früh trinkreif, und trotzdem nichts von ihrer Identität, ihrer Tiefe und ihrer Langlebigkeit nimmt. Dass die beiden Altmeister der französischen Weinkritik, Bettane und Desseauve, dies genauso einschätzen, bestätigt uns darin, diese großartigen Autoren-Weine von der Loire, die in Deutschland noch immer nicht den Stellenwert haben, den sie verdienen, weiter publik zu machen. Jacky Blots Weine sind Herzblutweine geworden für uns.

Jacky Blot ist nach kurzer schwerer Krankheit am 15.Mai 2023 im Alter von 75 Jahren verstorben. In den letzten Jahren hatte Jacky Blot die Leitung seiner Weingüter nach und nach schon an seinen Sohn Jean-Philippe, einem sehr talentierten Winzer, übergeben.

Jacky Blot auf YouTube (in französisch)

Für Jacky Blot war der September 2016 ein besonderer Monat. Er wurde mit einem fünften Stern im französischen Weinführer Bettane & Desseauve ausgezeichnet. Er gehört damit zur Spitze französischer Weinkultur, zusammen mit den Châteaux Pétrus und Margaux, mit Coche-Dury und Romanée-Conti, mit Rayas, Bollinger und ähnlichen Schwergewichten der französischen Weinszene. Diese Auszeichnung hat sich Jacky Blot wahrlich verdient. Er ist einer der ganz großen Winzer Frankreichs, der bei uns merkwürdigerweise noch immer viel zu wenig bekannt ist. Das liegt, so vermuten wir, an seinen Rebsorten, die hierzulande (noch) wenig populär sind. Auf seiner Domaine de la Butte in Bourgueil produziert er sensationell präzise Rotweine aus der Rebsorte Cabernet Franc, und mit seiner Domaine de la Taille aux Loups in Montlouis ist er bekannt für feine, leise Weißweine aus der Rebsorte Chenin Blanc, deren Eleganz und Frische unerreicht sind und nicht umsonst Weltruf genießen. Die  Auszeichnung ist so etwas wie eine späte Anerkennung der Appellation Montlouis, die bislang im Schatten der berühmten Nachbargemeinde Vouvray stand. Sie hat es vor allem Jacky Blot zu verdanken, dass sie in den letzten zwanzig Jahren nachhaltige Aufwertung erfahren hat. Und noch etwas sticht bei dieser Bewertung heraus: Während fast alle anderen mit fünf Sternen bedachten Häuser eine lange Tradition von manchmal mehreren hundert Jahren haben, ist der ehemalige Pâtissier und Weinhändler Jacky Blot gerade mal 25 Jahre im Wein unterwegs.

Tatsächlich hat Jacky Blot seine Liebe zum Wein entdeckt, als er zusammen mit seinem Bruder Jean als Junior-Pâtissier im Pariser Restaurant »Drouant« arbeitete. Nachdem der Wein immer mehr zu einer Passion für ihn geworden war, wechselte er nach Tours, um als Courtier, als Verbindungsmann zwischen Winzern und Weinhändler, zu arbeiten. Schon da fing er an, sich nach Weinbergen umzuschauen. Es muss um 1990 gewesen sein, daß Jacky Blot erstens Christophe Mesliand kennenlernte und zweitens über die sieben Hektar umfassende Domaine de la Taille aux Loups in Montlouis stolperte, die der Bordelaiser Winzer Christian Prudhomme gerade verlassen hatte. Blot konnte die Domaine finanzieren und fand mit Mesliand einen Weinbergsspezialisten, der nicht nur sein Freund wurde, sondern seit dem Start auch sein Chef de Culture draußen in den Weinbergen.

Da Weinberge in der Touraine selbst in Appellationen wie Vouvray oder Montlouis immer noch vergleichsweise günstig zu erwerben sind, hat Jacky Blot seinen Besitz von den ursprünglich sieben Hektar auf etwa 39 erweitert. Dazu gehören nicht nur zusätzliche Investition in zwei besonders gute Lagen in Montlouis (Clos Michet und Clos de Mosny) und im benachbarten Vouvray (Clos de la Bretonnière und Clos de Venise), sondern auch der Erwerb der Domaine de la Butte in Bourgueil, wo Blots Cabernet Francs entstehen. Ähnlich wie in Montlouis konnte Blot auch in Bourgueil alte Rebanlagen mit einem Durchschnittsalter von 40 Jahren erwerben. Über 14 Hektar Reben ziehen sie sich dort zusammenhängend von der Senke bis hinauf zur Kuppe eines Hügels. 

Wenn man mit Jacky Blot durch Weingärten und Keller geht, erlebt man seine Passion und Obsession hautnah. Er lebt für seine Weine. Sein Streben nach Qualität beschäftigt ihn Tag und Nacht. Er brennt für seinen Beruf. Das Geheimnis seiner Weine ist Präzision. Sie erzielt er im Weinberg, in dem er aufwendig an der physiologischen Reife seiner Trauben arbeitet. Der richtige Erntezeitpunkt ist vor allem beim Cabernet Franc mit seinem kleinen Reifefenster der alles entscheidende Faktor. Deshalb probieren Jacky Blot und Christophe Mesliand ab September alle 30 Parzellen nach einem ausgeklügelten System durch, um für jede einzelne den Erntezeitpunkt abschätzen zu können. Christophe Mesliand bewirtschaftet alle Weinberge schon seit Jahren ökologisch. Die teils hundert Jahre alten Rebstöcke sehen also schon lange keine chemischen Spritzmittel mehr. Mit dem Jahrgang 2016 ist Jacky Blot auf beiden Domainen nun endlich auch offiziell biozertifiziert. Daß die Ernte von Hand geschieht, dürfte selbstverständlich sein. Gerade beim Chenin Blanc sind manchmal mehrere Lesedurchgänge rigoroser Auslese notwendig, um die angestrebte Präzision in der Reife und damit im Mundgefühl seines Schaumweines und seiner trockenen Weißweine zu garantieren.

Ein wesentliches Geheimnis dieses Bessenen liegt im Keller. Für nahezu alle seine Weine verwendet Jacky Blot Holz – seien es Barriques, seien es Tonneaux oder Fässer unterschiedlicher Herkunft und unterschiedlichen Alters. Höchstens 10 % sind neu. Das Gefühl, für jede Lage, für jede Parzelle, für die jahrgangsabhängige Struktur eines jeden seiner Chenins und Cabernet Francs, das richtige Holz mit dem richtigen Alter zu finden, das kann man nicht einfach so lernen. Das muss man im Blut haben. Jacky Blot scheint diese Gabe zu haben. Sein Holzeinsatz ist legendär. Er mag bei einigen Ideologen auf Ablehnung stossen damit, doch vermittelt er genau damit seinen Weinen jenen feinsinnigen, eleganten und vor allem persönlichen Stil, der sie unverwechselbar macht und relativ früh trinkreif, und trotzdem nichts von ihrer Identität, ihrer Tiefe und ihrer Langlebigkeit nimmt. Dass die beiden Altmeister der französischen Weinkritik, Bettane und Desseauve, dies genauso einschätzen, bestätigt uns darin, diese großartigen Autoren-Weine von der Loire, die in Deutschland noch immer nicht den Stellenwert haben, den sie verdienen, weiter publik zu machen. Jacky Blots Weine sind Herzblutweine geworden für uns.

Jacky Blot ist nach kurzer schwerer Krankheit am 15.Mai 2023 im Alter von 75 Jahren verstorben. In den letzten Jahren hatte Jacky Blot die Leitung seiner Weingüter nach und nach schon an seinen Sohn Jean-Philippe, einem sehr talentierten Winzer, übergeben.

Jacky Blot auf YouTube (in französisch)

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