Bislang gibt sich die Naturweinbewegung, die wir von K&U für den wegweisendsten Trend im Wein der letzten Jahre halten, selbst keine »offizielle« Definition für den Begriff »Naturwein«. Dabei wäre sie aus technischer Sicht ganz einfach:
Das, was seit ungefähr fünfzehn Jahren als »Naturwein« unter Weinfreunden in aller Welt für Diskussionen, Aufregung, Verunsicherung, aber auch völlig neue Perspektiven im Wein sorgt, kann nur aus zertifiziert regenerativem Anbau stammen und muß im Keller auf die zahlreichen Zusatzstoffe der modernen Önologie verzichten. Der von ihren Apologeten programmatisch und oft auch ideologisch proklamierte Verzicht auf Schwefelzugaben macht, das zeigt die Erfahrung, keinen Sinn; ihn auf minimale Werte, derzeit 20 mg/l freie SO2, zu beschränken, aber sehr wohl.
Natural wine. Naturwein. Vin naturel. Vins vivants. Vini veri
Das sind sie, die Synonyme für jenes sozio-kulturelle Phänomen, das in Frankreich, Italien, Japan, den skandinavischen Ländern, sowie in England und den USA eine Menge vor allem junger Leute zum Wein bringt. In den Metropolen der Welt schießen sie buchstäblich aus dem Boden, die Natural-Wine-Bars, die den »vergorenen Traubensaft«, wie Naturwein-Fans ihr Lieblingsgetränk bezeichnen, als besonderes Genusserlebnis feiern.
Fest steht: Ohne diesen Trend wären viele neue Weinfreunde kaum zum Wein gekommen. Für dessen Genuss braucht man nämlich weder elitäres Wissen, noch muß man Jahrgänge oder die Schuhgrösse der Winzer kennen, sondern kann Wein »freiwillig«, völlig unkompliziert und ganz einfach über das Riechen und Schmecken entdecken. Eine spannende Entwicklung, die völlig abseits des »normalen«, klassischen Weinmarktes verläuft und »Naturwein« binnen weniger Jahre zum echten Trend unter jungen Weintrinkern machte.
Sie zelebrieren naturtrübe Weißweine bewußt als Gegenpol zum mit PVPP und anderen fragwürdigen, aber nicht zu deklarierenden Schönungsmitteln »glanzhell« gemachten »normalen« Weißwein (hier ein Katalog entsprechend legaler Zusatzstoffe zum Wein | Studieren Sie ihn ausführlich. Dann werden Sie die Naturweinbewegung besser verstehen). Sie bemessen das, was sie trinken, am Schwefelgehalt, weil er ein unmittelbares und schmeckbares Maß für die Qualität des verarbeiteten Lesegutes ist. Sie trinken Weißweine, die - wie in früheren Zeiten schon - längeren Kontakt mit den Beerenschalen hatten, weil sie die anti-oxidative Wirkung der dabei aus den Schalen gelösten Gerbstoffe einer intensiven Schwefelung vorziehen und feiern deren natürliche Trübung und intensivere Färbung als »Orange-Weine«. Sie erweisen sich so als wegweisende Trinkerschaft einer Zukunft im Wein, die die so beliebten »fruchtigen« Weißweine des Mainstreams als zeitgeistigen Reinlichkeits-Wahn entlarvt und die Grenzen der Interpretations-Möglichkeiten der Winzerschaft vom Weinberg bis in die Kellerwirtschaft sehr viel weiter steckt, als sie der moderne Wein mit seinen banalen Stil-Klischees predigt.
Naturwein verlangt die Neu-Justierung der eigenen Vorstellung von Wein
Deshalb lehnen ihn viele Winzer und Weinhändler ab. Für sie ist schon der Name Ausgrenzung und die Erwähnung der »Natur« im Zusammenhang mit Wein Angriff auf ihr Selbstverständnis als Winzer und Händler. Sie tun diese »Natur im Wein« gerne als fehlerhaft ab – was sie in der Vergangenheit auch nur zu oft war (und vielfach auch in Ermangelung entsprechender Kompetenz noch immer ist), allerdings nicht erkennend, wissend oder bewußt verschweigend, daß moderner, glanzhell geschönter Wein ein getränketechnologisches Erzeugnis ist (siehe hier das Skript der Önologievorlesung an der Wein-Uni Geisenheim), dessen zahlreiche erlaubte Zusatzstoffe nicht deklariert werden müssen, obwohl viele von ihnen geschmacksverändernd sind, das mit den Vorstellungen des Verbrauchers vom »Naturprodukt Wein« herzlich wenig zu tun hat. Diesbezüglich belügt unsere Branche ihre Käufer. Wenn diese wüßten, was man ihrem Lieblingsgetränk alles zusetzen kann, darf und muß, um ihn auf ihre geschmacklichen Vorstellungen hinzutrimmen, würden viele die Lust auf ihn verlieren.
Diese Zusatzstoffe hat der Naturwein nicht nötig und sie sind in ihm auch nicht erlaubt. Um ihn produzieren zu können, müssen die Trauben kerngesund sein, sie müssen von lebendigen Böden stammen, die eine natürlich spontane Gärung erlauben, der pH-Wert des Mostes muß, um auf Schwefelung während der Weinbereitung verzichten zu können, möglichst niedrig sein, weshalb weiße Naturweine säurebetont straff und schlank im Mundgefühl wirken.
Vollreife Lese mit viel Zucker in den Trauben führt zu hohem Alkoholgehalt und zu hohen pH-Werten im Wein, so daß dieser zwar populistisch weich und fett schmeckt, was viele unerfahrene Weißweintrinker noch immer suchen, doch ein solcher Wein muß hoch geschwefelt und durch Aufsäuerung, Ascorbinsäurezusatz etc. manipuliert werden, damit er wenigstens etwas Frische besitzt und nicht schon auf der Flasche vorzeitig reift und altert.
All das will die Naturweinbewegung nicht, weshalb ihre Weine anders schmecken als »normale« Weine, nämlich grundsätzlich schlanker, frischer und straffer im Mundgefühl, was von vielen unerfahreneren Weintrinkern als »sauer, mager und dünn« empfunden wird.
Allen Unkenrufen zum Trotz hält »Natural wine« dem konventionellen Weinmarkt und seinem Handel sehr erfolgreich den Spiegel vor, konfrontiert ihn mit offensichtlichen Versäumnissen und hat zugleich enormes Interesse am Wein bei einer jungen Kundschaft geweckt, die vom »normalen« Wein nichts wissen will. Während dem klassischen Wein allmählich die Kundschaft wegstirbt, gewinnt »Naturwein« eine junge, kaufkräftige und weinfröhliche Kundschaft hinzu, die der konventionelle Wein, so natürlich er auch an- und ausgebaut sein mag, nicht ansprechen zu können scheint. Eine Herausforderung, der wir uns alle im Wein stellen müssen.
»Natural wine«. Grenzenloses Weinerleben ...
Der positive Effekt dieser Entwicklung ist, daß Weinprüfer und Offizielle, Winzer und Händler aufgerüttelt werden, über Kriterien und Konventionen in Sachen Qualität und Stil nachzudenken. Ihre Grenzen der eigenen Wahrnehmung werden in Frage gestellt, über Generationen gewachsene Konventionen in Sachen Sensorik nachhaltig aufgebrochen und der selbstgefälligen Behäbigkeit von Winzern und Handel wird der Spiegel vorgehalten.
Warum spielt der Schwefel im »Naturwein« eine so wichtige Rolle?
Schwefel ist ein jahrtausendealtes Konservierungsmittel. Natürlich wurde mit Schwefel im Wein viel Schindluder getrieben. Heute wird in der Regel aber so schonend geschwefelt, daß das Schwefeldioxid, auch »Sulfit« genannt als SO2 keine gesundheitliche Relevanz mehr besitzt. Das Gute an der Schwefeldiskussion aber ist, daß über die geschmacklichen Auswirkungen der Schwefelung nachgedacht wird.
Deshalb fühlen sich die Besten der Besten unter den Winzern dazu angestachelt, durch entsprechende (biologische oder biodynamische) Weinbergsarbeit perfekt gesunde Trauben einer neuen, anderen Definition von Reife zu produzieren, die durch niedrigere pH-Werte bessere mikrobiologische Stabilität im Most besitzen und deshalb weniger Schwefel benötigen. Wenn es die Natur von Jahrgang, Traubenqualität und Mikrobiologie im Keller zuläßt, füllen immer mehr Winzer, die ihr Metier beherrschen, auch ohne Zugabe von Schwefel ab. Daß es schwefelfreien Wein nicht gibt, hat der pfälzische Winzer Walthari 1980 erfahren müssen; ihm wurde damals ein Patent auf schwefelfreien Wein trotz Nicht-Schwefelung verweigert, weil Wein natürliche Schwefelgehalte bis zu 10 mg/l enthält. Daß über Herkunft und Verwendung des Schwefels noch intensiv nachgedacht werden muß, zumal in Korrelation mit der mikrobiologischen Stabilität und dem pH-Wert eines Weines, hat die Diskussion um ihn auf jeden Fall befeuert und das ist gut so.
Kein Trend, sondern neues Genre im Wein
Wein ist Ergebnis jahrtausendealter Entwicklung, ist menschliche Kulturgeschichte und deshalb Kulturgut, statt nur Naturprodukt. Davon kann jeder Winzer ein Lied singen. Doch wir verdanken der aufrüttelnden Provokation des Naturwein-Trends eine ganze Menge. Deshalb haben wir »Naturweine« im Programm. Sie mögen nicht der persönlichen Vorstellung »Ihres« Weines entsprechen, die ja nur ihre ganz private, mühsam antrainierte Geschmacksgewohnheit abbildet, doch die ambitionierten Winzer dieser Welt sind durch die Naturweinbewegung so offen für eine neue Individualität im Wein geworden. daß sich ihre Weine in den letzten Jahren entsprechend verändert und weiterentwickelt haben - weg vom breiten Strom, hin zu mehr Charakter und ausgereizter Individualität.
Viele von ihnen produzieren zum ersten Mal Weine, die ihnen persönlich gefallen - ein neuer Ansatz im Wein, weil es für sie jetzt nicht mehr darum geht, möglichst marktkonforme Weine zu »machen«, sondern Wein aus Lust am Handwerk zu produzieren, für nachvollziehbare Authentizität, für bewusste Nichtmanipulation mit dem Mut zum Risiko, den sich nur leisten kann, wer ihn sich leisten kann. So sind Weine entstanden, die für eine Transparenz stehen, die es im Wein bisher nicht gegeben hat - und das weit über das »Bio« im Wein hinaus, das keine Garantie für geschmackliche Qualität bietet. Damit loten die Winzer der Naturweinbewegung nicht nur mutig ihre eigenen Grenzen aus, sondern auch die ihrer Kunden. Also rein ins Abenteuer der Natur im Wein.....
Bislang gibt sich die Naturweinbewegung, die wir von K&U für den wegweisendsten Trend im Wein der letzten Jahre halten, selbst keine »offizielle« Definition für den Begriff »Naturwein«. Dabei wäre sie aus technischer Sicht ganz einfach:
Das, was seit ungefähr fünfzehn Jahren als »Naturwein« unter Weinfreunden in aller Welt für Diskussionen, Aufregung, Verunsicherung, aber auch völlig neue Perspektiven im Wein sorgt, kann nur aus zertifiziert regenerativem Anbau stammen und muß im Keller auf die zahlreichen Zusatzstoffe der modernen Önologie verzichten. Der von ihren Apologeten programmatisch und oft auch ideologisch proklamierte Verzicht auf Schwefelzugaben macht, das zeigt die Erfahrung, keinen Sinn; ihn auf minimale Werte, derzeit 20 mg/l freie SO2, zu beschränken, aber sehr wohl.
Natural wine. Naturwein. Vin naturel. Vins vivants. Vini veri
Das sind sie, die Synonyme für jenes sozio-kulturelle Phänomen, das in Frankreich, Italien, Japan, den skandinavischen Ländern, sowie in England und den USA eine Menge vor allem junger Leute zum Wein bringt. In den Metropolen der Welt schießen sie buchstäblich aus dem Boden, die Natural-Wine-Bars, die den »vergorenen Traubensaft«, wie Naturwein-Fans ihr Lieblingsgetränk bezeichnen, als besonderes Genusserlebnis feiern.
Fest steht: Ohne diesen Trend wären viele neue Weinfreunde kaum zum Wein gekommen. Für dessen Genuss braucht man nämlich weder elitäres Wissen, noch muß man Jahrgänge oder die Schuhgrösse der Winzer kennen, sondern kann Wein »freiwillig«, völlig unkompliziert und ganz einfach über das Riechen und Schmecken entdecken. Eine spannende Entwicklung, die völlig abseits des »normalen«, klassischen Weinmarktes verläuft und »Naturwein« binnen weniger Jahre zum echten Trend unter jungen Weintrinkern machte.
Sie zelebrieren naturtrübe Weißweine bewußt als Gegenpol zum mit PVPP und anderen fragwürdigen, aber nicht zu deklarierenden Schönungsmitteln »glanzhell« gemachten »normalen« Weißwein (hier ein Katalog entsprechend legaler Zusatzstoffe zum Wein | Studieren Sie ihn ausführlich. Dann werden Sie die Naturweinbewegung besser verstehen). Sie bemessen das, was sie trinken, am Schwefelgehalt, weil er ein unmittelbares und schmeckbares Maß für die Qualität des verarbeiteten Lesegutes ist. Sie trinken Weißweine, die - wie in früheren Zeiten schon - längeren Kontakt mit den Beerenschalen hatten, weil sie die anti-oxidative Wirkung der dabei aus den Schalen gelösten Gerbstoffe einer intensiven Schwefelung vorziehen und feiern deren natürliche Trübung und intensivere Färbung als »Orange-Weine«. Sie erweisen sich so als wegweisende Trinkerschaft einer Zukunft im Wein, die die so beliebten »fruchtigen« Weißweine des Mainstreams als zeitgeistigen Reinlichkeits-Wahn entlarvt und die Grenzen der Interpretations-Möglichkeiten der Winzerschaft vom Weinberg bis in die Kellerwirtschaft sehr viel weiter steckt, als sie der moderne Wein mit seinen banalen Stil-Klischees predigt.
Naturwein verlangt die Neu-Justierung der eigenen Vorstellung von Wein
Deshalb lehnen ihn viele Winzer und Weinhändler ab. Für sie ist schon der Name Ausgrenzung und die Erwähnung der »Natur« im Zusammenhang mit Wein Angriff auf ihr Selbstverständnis als Winzer und Händler. Sie tun diese »Natur im Wein« gerne als fehlerhaft ab – was sie in der Vergangenheit auch nur zu oft war (und vielfach auch in Ermangelung entsprechender Kompetenz noch immer ist), allerdings nicht erkennend, wissend oder bewußt verschweigend, daß moderner, glanzhell geschönter Wein ein getränketechnologisches Erzeugnis ist (siehe hier das Skript der Önologievorlesung an der Wein-Uni Geisenheim), dessen zahlreiche erlaubte Zusatzstoffe nicht deklariert werden müssen, obwohl viele von ihnen geschmacksverändernd sind, das mit den Vorstellungen des Verbrauchers vom »Naturprodukt Wein« herzlich wenig zu tun hat. Diesbezüglich belügt unsere Branche ihre Käufer. Wenn diese wüßten, was man ihrem Lieblingsgetränk alles zusetzen kann, darf und muß, um ihn auf ihre geschmacklichen Vorstellungen hinzutrimmen, würden viele die Lust auf ihn verlieren.
Diese Zusatzstoffe hat der Naturwein nicht nötig und sie sind in ihm auch nicht erlaubt. Um ihn produzieren zu können, müssen die Trauben kerngesund sein, sie müssen von lebendigen Böden stammen, die eine natürlich spontane Gärung erlauben, der pH-Wert des Mostes muß, um auf Schwefelung während der Weinbereitung verzichten zu können, möglichst niedrig sein, weshalb weiße Naturweine säurebetont straff und schlank im Mundgefühl wirken.
Vollreife Lese mit viel Zucker in den Trauben führt zu hohem Alkoholgehalt und zu hohen pH-Werten im Wein, so daß dieser zwar populistisch weich und fett schmeckt, was viele unerfahrene Weißweintrinker noch immer suchen, doch ein solcher Wein muß hoch geschwefelt und durch Aufsäuerung, Ascorbinsäurezusatz etc. manipuliert werden, damit er wenigstens etwas Frische besitzt und nicht schon auf der Flasche vorzeitig reift und altert.
All das will die Naturweinbewegung nicht, weshalb ihre Weine anders schmecken als »normale« Weine, nämlich grundsätzlich schlanker, frischer und straffer im Mundgefühl, was von vielen unerfahreneren Weintrinkern als »sauer, mager und dünn« empfunden wird.
Allen Unkenrufen zum Trotz hält »Natural wine« dem konventionellen Weinmarkt und seinem Handel sehr erfolgreich den Spiegel vor, konfrontiert ihn mit offensichtlichen Versäumnissen und hat zugleich enormes Interesse am Wein bei einer jungen Kundschaft geweckt, die vom »normalen« Wein nichts wissen will. Während dem klassischen Wein allmählich die Kundschaft wegstirbt, gewinnt »Naturwein« eine junge, kaufkräftige und weinfröhliche Kundschaft hinzu, die der konventionelle Wein, so natürlich er auch an- und ausgebaut sein mag, nicht ansprechen zu können scheint. Eine Herausforderung, der wir uns alle im Wein stellen müssen.
»Natural wine«. Grenzenloses Weinerleben ...
Der positive Effekt dieser Entwicklung ist, daß Weinprüfer und Offizielle, Winzer und Händler aufgerüttelt werden, über Kriterien und Konventionen in Sachen Qualität und Stil nachzudenken. Ihre Grenzen der eigenen Wahrnehmung werden in Frage gestellt, über Generationen gewachsene Konventionen in Sachen Sensorik nachhaltig aufgebrochen und der selbstgefälligen Behäbigkeit von Winzern und Handel wird der Spiegel vorgehalten.
Warum spielt der Schwefel im »Naturwein« eine so wichtige Rolle?
Schwefel ist ein jahrtausendealtes Konservierungsmittel. Natürlich wurde mit Schwefel im Wein viel Schindluder getrieben. Heute wird in der Regel aber so schonend geschwefelt, daß das Schwefeldioxid, auch »Sulfit« genannt als SO2 keine gesundheitliche Relevanz mehr besitzt. Das Gute an der Schwefeldiskussion aber ist, daß über die geschmacklichen Auswirkungen der Schwefelung nachgedacht wird.
Deshalb fühlen sich die Besten der Besten unter den Winzern dazu angestachelt, durch entsprechende (biologische oder biodynamische) Weinbergsarbeit perfekt gesunde Trauben einer neuen, anderen Definition von Reife zu produzieren, die durch niedrigere pH-Werte bessere mikrobiologische Stabilität im Most besitzen und deshalb weniger Schwefel benötigen. Wenn es die Natur von Jahrgang, Traubenqualität und Mikrobiologie im Keller zuläßt, füllen immer mehr Winzer, die ihr Metier beherrschen, auch ohne Zugabe von Schwefel ab. Daß es schwefelfreien Wein nicht gibt, hat der pfälzische Winzer Walthari 1980 erfahren müssen; ihm wurde damals ein Patent auf schwefelfreien Wein trotz Nicht-Schwefelung verweigert, weil Wein natürliche Schwefelgehalte bis zu 10 mg/l enthält. Daß über Herkunft und Verwendung des Schwefels noch intensiv nachgedacht werden muß, zumal in Korrelation mit der mikrobiologischen Stabilität und dem pH-Wert eines Weines, hat die Diskussion um ihn auf jeden Fall befeuert und das ist gut so.
Kein Trend, sondern neues Genre im Wein
Wein ist Ergebnis jahrtausendealter Entwicklung, ist menschliche Kulturgeschichte und deshalb Kulturgut, statt nur Naturprodukt. Davon kann jeder Winzer ein Lied singen. Doch wir verdanken der aufrüttelnden Provokation des Naturwein-Trends eine ganze Menge. Deshalb haben wir »Naturweine« im Programm. Sie mögen nicht der persönlichen Vorstellung »Ihres« Weines entsprechen, die ja nur ihre ganz private, mühsam antrainierte Geschmacksgewohnheit abbildet, doch die ambitionierten Winzer dieser Welt sind durch die Naturweinbewegung so offen für eine neue Individualität im Wein geworden. daß sich ihre Weine in den letzten Jahren entsprechend verändert und weiterentwickelt haben - weg vom breiten Strom, hin zu mehr Charakter und ausgereizter Individualität.
Viele von ihnen produzieren zum ersten Mal Weine, die ihnen persönlich gefallen - ein neuer Ansatz im Wein, weil es für sie jetzt nicht mehr darum geht, möglichst marktkonforme Weine zu »machen«, sondern Wein aus Lust am Handwerk zu produzieren, für nachvollziehbare Authentizität, für bewusste Nichtmanipulation mit dem Mut zum Risiko, den sich nur leisten kann, wer ihn sich leisten kann. So sind Weine entstanden, die für eine Transparenz stehen, die es im Wein bisher nicht gegeben hat - und das weit über das »Bio« im Wein hinaus, das keine Garantie für geschmackliche Qualität bietet. Damit loten die Winzer der Naturweinbewegung nicht nur mutig ihre eigenen Grenzen aus, sondern auch die ihrer Kunden. Also rein ins Abenteuer der Natur im Wein.....
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