Bodegas Corisca

Massimo Lentsch & Stefania Frattolillo

Unternehmer aus Bergamo. Fremde von außen mit dem besonderen Blick nach innen. Sie machten die Tenuta di Castellaro zum Vorzeige-Weingut auf Lipari, das sich, biologisch zertifiziert, alter Genetik lokaler Rebsorten und deren traditionellem Anbau verschrieben hat.

Region: Lipari - Sizilien

Bewirtschaftung: zertifiziert biologisch

Rebfläche: 20 ha

Rebsorten: Malvasia di Lipari, Cataratto Bianco, Corinto Nero, Nero´d´Avola, Carricante, Alicante und Moscato Bianco.

Inselwein ist anders. Weil Inseln, auf denen Reben stehen, ein spezielles Klima besitzen. Da müssen die Rebstöcke ihren Feuchtigkeitsbedarf oft aus der Luftfeuchtigkeit decken, die vom Meer kommt und in den Morgenstunden auf den Blättern und am Boden kondensiert. Auf vielen Inseln weht meist heftiger Wind, der die Weinbauern zu einer speziellen Form der Reberziehung zwingt, der Busch- oder auch Korb- oder Pfahlerziehung, die ihre Böden schont, aber mühsame Handarbeit voraussetzt und niedrigere Erträge produziert, weshalb deren Weine intensiver riechen und schmecken, aber nicht »billig« sein können.

Die äolischen (oder auch liparischen) Inseln, um die es hier geht, liegen nördlich von Sizilien im südlichen tyrrhenischen Meer, das erdgeschichtlich noch sehr jung ist. Vulkanismus prägt seine Küsten und Inseln. Es ist etwa 3600 Meter tief und war, inmitten des dicht bevölkerten westlichen Mittelmeerraums liegend, schon in der Antike ein wichtiger Handels- und Kriegsschauplatz. 

Von Stromboli und seinem besonders aktiven Vulkan hat jeder schon gehört. Daß die Insel zu den äolischen Inseln gehört, ist kaum bekannt. Sie bestehen aus sieben Inseln, die zur Region Sizilien gehören, sind alle vulkanischen Ursprungs und wurden 2000 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. Die Begründung: »Durch ihre wissenschaftliche Erforschung zumindest vom 18. Jahrhundert an haben die Inseln den Lehrbüchern der Geologie und Vulkanologie zwei Arten von Eruptionen geliefert, den Vulcano-Typ und den Stromboli-Typ, und so für mehr als 200 Jahre eine wichtige Rolle bei der Ausbildung der Geowissenschaftler gespielt. Sie bieten ein reiches Feld für vulkanologische Untersuchungen fortdauernder geologischer Prozesse bei der Bildung von Landschaften.« 

Um die liparischen Inseln zu besuchen, ist Reiselust angesagt. Ab dem kleinen Hafen des schönen Städtchens Milazzo im Norden Siziliens verkehren mehrmals täglich Tragflächen-Boote (»Aliscafi«), die die Inseln Alicudi, Filicudi, Lipari (die größte mit 37,5 km²), SalinaStromboli, Panarea und Vulcano anfahren. 

Weinbau findet auf ca. 150 ha lediglich auf Salina und Lipari statt. Er konzentriert sich dort auf die traditionellen Weißweinsorten Catarratto Bianco und Malvasia di Lipari, die hochwertig dichte, aromatisch spannend würzige Weine hervorbringen können. Bei den roten Reborten dominieren der autochthone Corinto Nero, ein dunkelwürziger, kernloser historischer Verwandter der Sangiovese, sowie der sizilianische Nero d’Avola. Wichtig für den lokalen und italienischen Markt ist der aus sonnengetrockneten Beeren produzierte süße Malvasia delle Lipari, den man außerhalb Italiens aber kaum kennt.

Auf Lipari. Hochdichte Neupflanzung in Einzelstockerziehung der Tenuta da Castellaro mit Blick auf die Nachbarinseln Salina, Filicudi und Alicudi

Wer ein solch ambitioniertes Liebhaber-Projekt wie die Tenuta di Castellaro konzipiert und von Grund auf realisiert, muß nicht nur wohlhabend sein, sondern auch ziemlich verrückt. Oder beseelt von Leidenschaft.

Massimo Lentsch und Stefania Frattolillo, Unternehmer aus Bergamo, machen 2005 Urlaub auf den äolischen Inseln. Während eines frühmorgendlichen Spaziergangs in der Piana di Castellaro auf Lipari genießen sie die gute Luft der Insel, den Blick aufs Meer und die Nachbarinseln. Sie kommen ins Philosophieren und beschließen am Ende ihres Spazierganges, ihrem stressigen Leben im Norden einen neuen Sinn im Süden zu geben. 

Der ist zum Lebens-Projekt geworden als 2000 Quadratmeter großes Weingut, das sie dem Ziel widmen, die Landschaft und die Natur der Insel mit Kunst, Architektur und neuen, sowie alten, bewährten Technologien so ökologisch wie möglich in Einklang zu bringen. Um die Natur und die Menschen vor Ort in ihren Traditionen zu respektieren, bewirtschaften sie ihren Betrieb vom ersten Tag an regenerativ; sie lassen die unverzüchtete historische Genetik der alten angestammten Rebsorten der Insel per Massenselektion vermehren und pflanzen damit ihre Weingärten in hoher Dichte und wurzelecht in der alten, traditionellen Form des Alberello, der Buschrebe. Sie sind nur aufwendig von Hand zu bewirtschaften und liefern nur niedrige Erträge, sind aber an das extreme Inselklima mit seiner harten Sonneneinstrahlung und Hitze im Sommer und den oft hart blasenden Wind bestens adaptiert.

Heute arbeiten Massimo Lentsch und Stefania Frattilillo mit einem engagierten Team daran, ihr ehrgeiziges Projekt zielstrebig weiterzuentwickeln. Die mannigfaltigen Herausforderungen der Klimakrise wollen auch auf Lipari gemeistert werden.

Das Duo Frattolillo-Lentsch denkt und handelt von Beginn an visionär. Sein Weingut soll drei wesentliche Kriterien erfüllen: Es soll sich in Natur und Umgebung einfügen, die natürlichen Ressourcen seiner Umgebung maximal nutzen und die Bautraditionen und Geschichte der Insel respektieren.

Lipari ist vor allem Sonne und Wind: Ressourcen, die die beiden mittels Solarkaminen und einem Windturm nutzen. 

Die Sonnenkamine wurden schon von den Persern erfunden und von den Römern in der Antike genutzt; sie fangen das Licht der Sonne auf natürliche Weise ein und geben es so an ihre Umgebung ab, daß künstliche Beleuchtung nur nachts nötig ist. Windtürme (Badghir auf Persisch) wurden schon im alten Mesopotamien im 10. Jahrhundert v. Chr. genutzt. Sie bestehen aus einem thermischen Labyrinth, das Windenergie für eine natürliche Klimaanlage nutzt, die kühlt und Temperatur und Luftfeuchtigkeit konstant hält. So wird der Fasskeller auf Castellaro natürlich gekühlt und mit Luftfeuchtigkeit versorgt. 

Der unter die Erde verlegte, weitgehend CO2-neutrale Faßkeller der Tenuta wurde in einer Bautechnik errichtet, die bis dahin einzigartig war. Dazu wurde die Form der Säulen und des Gewölbes des Faßkellers direkt in den Boden modelliert. Diese »Negativ-Formen« wurden mit Beton ausgegossen, nach 28 Tagen Trocknung wurde dann der Boden um diese mit Beton ausgegossenen Formen herum ausgehoben, es entstand das heutige Kellergewölbe, dessen Textur der Oberflächen und die Farben seiner Säulen die Geschichte des umgebenden Bodens und dessen vulkanischer Vergangenheit erzählen. Ein energetisch wie architektonisch spektakulär konzipiertes Bauwerk, das alleine schon eine Reise wert ist.

Handarbeit

Die Buscherziehung, in Frankreich »Gobelet«, in Italien »Alberello« genannt, ist ein Erziehungssystem für schwach wachsende Reben in niederschlagsarmen Weinbaugebieten. Sie ist eine der ältesten Reberziehungsarten, die schon die Griechen in der Antike für den Weinbau nutzten. 

Hier im Bild eine nicht minder alte Abwandlung der Buscherziehung, die sogenannte Pfahl- oder Stockkultur, wie sie auch auf Castellaro steht. Sie wird in hoher Dichte (ca. 7000 Stöcke pro Hektar) gepflanzt, wodurch sich ein enger Reihenabstand ergibt. Diese Reben können nur per Handarbeit bewirtschaftet werden, was eine Verdichtung der Böden verhindert. Jede einzelne Rebe wird als Individuum behandelt, der Weinberg bildet die Gemeinschaft. 

Auf Castellaro pflegt man die sogenannte »Quinconce«-Pflanzung: Jede Rebe steht an der Spitze eines gleichseitigen Dreiecks mit einem Abstand von 1,20 Metern,  so daß alle Reben den identischen Einflüssen auf 360° ausgesetzt ist. Dadurch entwickelt jede einzelne Rebe in Konkurrenz mit der Nachbarrebe ein Wurzelsystem, das sie über entsprechende Mykorrhiza-Pilze nicht nur mit Feuchtigkeit, sondern vor allem auch mit den Mineralien und Nährstoffen der fruchtbaren vulkanischen Böden versorgt. So entsteht die schmeck- und fühlbar salzige Mineralität vor allem der weißen Castellaro-Weine.  

Die Kritik an der Busch- und Pfahl-Erziehung, daß die Trauben durch den engen Abstand weniger Sonnenlicht erhalten, die Stöcke schlechter durchlüftet werden und so erhöhter Krankheitsbefall droht, entkräftet man auf Castellaro durch die Dreieckspflanzung. Es geht hier nicht um mechanische »Effizienz« und möglichst hohe Erträge, es geht hier um autonome Reben, die gesunde Trauben produzieren.

Tradition

Es gibt kaum einen mißbrauchteren Begriff im Wein als Tradition. Jeder Winzer der Welt beruft sich auf irgendeine Tradition, ohne zu benennen, in welcher Zeit, in welcher Denkungsart, in welchem Geist er innerhalb dieser Begrifflichkeit denkt und handelt. So wurde (zumindest für uns) der Begriff zur hohlen Worthülse mit negativer Konnotation.

Auf der Tenuta di Castellaro werden viele echte Insel-Traditionen gepflegt und lebendig gehalten, z. B. die des süßen »Malvasia di Lipari«. Eines Süßweines, der einst großen Ruf genoss; heute tut sich Süßwein weltweit schwer und verkümmert, egal wo auf der Welt, zur lokalen Spezialität, die oft nur noch aus Liebhaberei gepflegt wird.

Dabei ist der Aufwand für die natürliche Süße groß. Er wird von Castellaro noch im Sinne alter Insel-Tradition praktiziert. Dazu läßt man spät gelesene Trauben der Sorte »Malvasia di Lipari« gezielt zu Rosinen verdunsten, in dem man nach sorgfältiger Handlese die besten Trauben fünfzehn Tage lang in speziellen flachen Wannen, die auf mobilen Strukturen liegen, der Sonne aussetzt. Der dunkle Lavasand, auf dem die Trauben trocknen, speichert die Wärme tagsüber, die er nachts wieder abgibt, wo man die Trauben dann mit schwerem Tuch abdeckt, um die Wärme auch nachts zu nutzen, aber auch, um die Trauben vor Tau zu schützen.

Ergebnis ist ein betörend süßer, unverwechselbar cremig dicht schmeckender Süßwein, der nach reifem gelbem Pfirsich duftet, nach reifem Exotenobst und kandierten Früchten. Trotz seiner potenten Süße schmeckt er animierend frisch. Er hält offen über Monate im Kühlschrank, begleitet cremige und fruchtige Patisserie und Desserts in seltener Perfektion und ist einfach zu schade, Vergessenheit und Ignoranz anheim zu fallen. Wir bieten ihn im Winterhalbjahr an.

Die Äolischen Inseln. Magie des Lichtes, sauberer Luft, aktiver Vulkane und unberührter Natur

Corinto Nero & Malvasia

Damit ein Wein auf natürliche Weise »gut« schmeckt, müssen enorm viele Details bedacht und realisiert werden. Heute steht z. B. das Pflanzmaterial, die Genetik der Reben, bei engagierten Winzerinnen und Winzern im Mittelpunkt der Diskussion. Sie setzen auf genetische Vielfalt, statt auf die Einfalt des homogenen Klons mit bestimmter Eigenschaft. 

Auf Castellaro hat man dazu einen der renommiertesten französischen Rebzüchter gebeten, die historische Genetik der alten autochthonen Insel-Rebsorten zu evaluieren, um daraus geeignete Reiser per Massenselektion zu vermehren. 

Ein Prozess der Jahre dauert. Er liefert Qualitätsreben, bei denen nicht der Ertrag im Vordergrund steht, sondern die Adaption an die Umgebung und hochwertige Trauben- und Saftqualität. Die Corinto Nero- und Malvasia-Reben auf Castellaro stammen aus Massenselektionen und wurden, siehe Bild, in traditioneller Busch- und Pfahlerziehung gepflanzt.

Böden & Klima

Böden und Klima auf Lipari bieten optimale Bedingungen für den regenerativen Anbau. 

Das Klima ist gemäßigt, Wind bläst beständig und das Meer sorgt für Luftfeuchtigkeit, die in den heißen Wochen des Jahres die Reben vor Trockenstress bewahrt. Auf der Piana di Castellaro sorgen zudem starke Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht, im Zusammenspiel mit der Höhenlage der Reben (350 m über dem Meer), für jenes feine Säurespiel, das den Weinen Spannung und Frische, aromatische Intensität und dichte Substanz verleiht.

Die vulkanischen Böden, verdichtete Asche mit Lehm und Ton und sandig verwitterter Bimsstein, sind fruchtbar, speichern Feuchtigkeit und sind reich an mineralischen Verbindungen, allen voran Phosphor, Kalium, Eisen, Magnesium und Kalzium. Sie sind für Wachstum und Gesundheit der Reben wichtig, beeinflussen die Extraktion während der Weinbereitung und liefern die Mineralität der Weine. 

Keller & Wein

In das Weingut sind schon im Vorfeld enorm viele Gedanken, Ideen und Visionen seitens seiner Gründer eingeflossen, stecken wissenschaftliche Erkenntnisse und die Ergebnisse intensiver Gespräche mit alteingesessenen Weinbauern und Landwirten.

Die Kunst der Kellerwirtschaft ist es, diese Anstrengungen und Ideen in Weine zu übersetzen, die Profil, Eigenart und Charakter wagen - statt wieder nur marktgängige Klischees zu zitieren, die so viele Weine reicher Besitzer, die teure Önologen engagieren können, so uninteressant machen.

Auf Castellero glückt, was aufwendig geplant war. Jeder Wein hat Profil, wagt Charakter, riecht anders, fühlt sich im Mund selbstbewußt an. Respektvolle Weinbereitung mit schonender Verarbeitung, spontaner Gärung, langem Hefelager in Edelstahl, Fässern oder Cocciopesto-Amphoren. Keine zeitgeistig trendigen Naturweine, sondern professionell feinfühlig realisierte Charaktere einzigartiger Herkunft.

Topographisch spektakulär. Die Terrassen der Tenuta di Castellaro an den Ausläufern erloschener Vulkane auf Lipari

Tenuta di Castellaro | Via Caolino | 98055 Lipari (ME) | Erstinverkehrbringer: Gebr. Kössler & Ulbricht GmbH & Co KG

2022 »Pomice« Bianco IGT Terre Siciliane Tenuta di Castellaro

Inhalt: 0.75 l (29,20 €* / 1 l)

21,90 €*

Inhalt: 0.75 l (51,87 €* / 1 l)

38,90 €*