Cesanese ist eine historische rote Rebsorte des Latiums, die jahrhundertelang die Keller des römischen Adels füllte, der schon damals ihre großartigen Eigenschaften rühmte. Erstmals schriftlich erwähnt wird sie im Jahr 1600 mit einer Beschreibung ihrer geschmacklichen und medizinischen Eigenschaften. Durch die Reblaus verschwindet die wertvolle Sorte Ende des 19. Jahrhunderts aus den Weingärten östlich von Rom, sie gerät in Vergessenheit. Erst seit wenigen Jahren wird sie wieder relevant angebaut.
Sie liefert Weine, die in ihrer Duftigkeit und Transparenz aromatisch an Pinot Noir erinnern, in den Gerbstoffen und im kraftvollen Alkohol aber süditalienische Charakterzüge tragen. Cesanese heißen zwei Rebsorten im Latium: Cesanese d’Affile und Cesanese Comune. Sie unterscheiden sich in wenigen morphologischen Merkmalen voneinander, genetisch sind sie sich ähnlich. Sie wachsen in drei Appellationen, die ausgerechnet den Namen ihrer Rebsorten in sich tragen: Cesanese del Piglio, Cesanese di Olevano Romano und Cesanese d’Affile. Das ist auf den ersten Blick verwirrend.
Zur Unterscheidung der beiden Rebsorten erzählt man uns vor Ort, daß die Variante »Cesanese d’Affile« kleinere Beeren besitzt, weshalb man sie lokal auch »Cesanese piccolo« nennt. Sie sind schwarzviolett und haben eine dicke Schale. Die Rebsorte gedeiht am besten in Höhenlagen zwischen 500 und 700 Meter, und weil sie als empfindlicher gegen Krankheiten als ihr Pendant »Commune« gilt, tun ihr Wind und starke Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht gut, obwohl sie in der Höhe in kühlen Jahren Probleme hat, voll auszureifen. Sie bevorzugt basische Böden. Aufgrund der kleineren Beeren und der dickeren Schalen liefert »Cesanese d´Affile« samtig dichte, vornehm konzentrierte Weine, die stets etwas alkoholreich ausfallen und eine sehr schöne, tief rubinrote Farbe besitzen, die mit zunehmendem Alter ins Granatrot tendiert. Ihr Duft ist vornehm würzig und komplex, zitiert Tabakblätter, Heidelbeeren und Brombeeren in würzigen und blumigen Komponente, in der man auch entfernt Veilchen, Zimt und Gewürznelken wahrzunehmen meint. Im Mundgefühl agiert der Wein dicht strukturiert und edel in den Gerbstoffen. Sie wollen allerdings gekonnt extrahiert sein, was das breite stilistische wie auch qualitative Spektrum der Rebsorte erklärt.
Ein guter Cesanese ist nie laut im Duft, es dominiert Feinheit in den Aromen und Kraft im Geschmack, der sich mit zunehmendem Alter raffiniert harmonisiert. Cesanese reift ausgezeichnet und wird dann richtiggehend edel im Bukett und vornehm im Geschmack. Dann beweist er seine Klasse, die man gerade erst wieder entdeckt. »Cesanese Comune« scheint etwas dünnere Beerenschale zu besitzen, produziert gleichmäßigere und höhere Erträge und gilt als weniger krankheitsanfällig. Ihre Weine sind deshalb etwas leichter und delikater, fallen farblich etwas heller aus, besitzen aber ähnlich hohen Alkohol. Beide Rebsorten liefern in ihren Anbaugebieten östlich der Castelli Romani, zwischen den Provinzen Rom und Frosinone, drei Appellationsweine: »Cesanese di Affile« und »Cesanese di Olevano Romano« tragen die DOC, während »Cesanese del Piglio« bereits 1973 mit dem DOC-Siegel ausgezeichnet wurde und 2008 dann zur DOCG aufgewertet wurde. In allen drei Cesanese-Appellationen entstehen brillante Weine, die die Beachtung des Marktes unbedingt verdienen.
Viele alte, autochthone lokale Rebsorten Italiens wurden viel zu lange als minderwertig angesehen. Die Meinungsmacher der italienischen Weinszene weigerten sich über Jahrzehnte hinweg, diesen Schatz an Vielfalt und Originalität anzuerkennen. Sie setzten lieber auf die üblichen globalen Leit-Sorten, die bis heute den Markt dominieren. Das führte in allen Regionen, in denen alte Rebsorten kultiviert wurden, zu stetem Rückgang der Anbauflächen. So erging es auch dem Cesanese. Die Rebsorte war früher im gesamten Latium die einheimische Leitsorte und genoß bis zu ihrem Vergessen den Ruf, die große Rebsorte Roms zu sein, sie galt als hochwertig und edel. Immerhin beginnt man in den letzten Jahren die alten autochthonen Sorten allmählich wieder ernstzunehmen und wiederzuentdecken. Falanghina, Pecorino, Fiano und Greco in weiß, sowie Nerello und Cesanese in rot, sind dabei, wieder kommerziell interessant zu werden, werden seit ein paar Jahren von jungen, engagierten Erzeugern verstärkt angebaut. Es scheint, als könnte sich der Trend der letzten Jahrzehnte allmählich umkehren: Waren bis vor kurzem noch Chardonnay, Cabernet Sauvignon, Syrah & Co in ganz Italien der letzte Schrei, lockt man heute mit ihnen keinen ernsthaften Weinfreund mehr hinter dem Ofen hervor. So verändert sich die Weinwelt. Auch sie unterliegt Trends, Moden und der hektischen Dynamik des Zeitgeistes.
Die von uns angebotenen Weine sind »Cesanese del Piglio« DOCG, gekeltert aus »Cesanese d´Affile«. Sie kommen aus der Provinz Frosinone, wo sich ihre Weinberge an den Hängen der Ernici-Berge und im oberen Sacco-Tal befinden. Sie liegen bis zu 800 Meter hoch, in winzigen Parzellen über viele Kilometer verstreut, und stehen dort auf vulkanisch verwitterten Böden aus Tuff und roter Erde.