Zinfandel, Kaliforniens große alte Rebsorte. Er war in den 70er und 80er Jahren des neunzehnten Jahrhunderts der Alltagswein für Heerscharen von Einwanderern, die damals den amerikanischen Westen überschwemmten. Sie waren es, die ihn ins Land brachten. Für sie war er so etwas wie die »rote Hoffnung« auf eine in der neuen Welt aufblühende Wein-Industrie, die allerdings erst 100 Jahre später Realität werden sollte. An der kalifornischen Weinuniversität Davis gelang erst 1994 der Nachweis auf DNS-Ebene, daß Primitivo und Zinfandel gemeinsame Abstammung haben. Weil die Rebsorte Primitivo erst seit rund 200 Jahren in Apulien angebaut wird und Zinfandel bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Kalifornien nachgewiesen werden kann, blieb aber die Frage offen, wo der gemeinsame Ursprung liegt. Dieser Nachweis gelang, nach intensiven Anstrengungen diverser Wissenschaftsdisziplinen, mittels DNA-Analysen eindeutig und unzweifelhaft: Er liegt in der alten, aus dem kroatisch ungarischen Grenzgebiet stammenden Rebsorte Crljenak kaštelanski. Sie wird vor allem in Dalmatien angebaut.
Heute hegen und pflegen amerikanische Weinmacher die alten Zinfandel-Reben mit großem Aufwand. Sie suchen gezielt nach ihnen, kartographieren sie und produzieren daraus originell eigenständige Rotweine, die es zu Kultstatus gebracht haben und inzwischen auch bei uns ernst genommen werden und eine treue Fangemeinde gefunden haben. Die besten Winzer und Winemacher Kaliforniens bauen nach Lagen und Herkunft getrennt aus. Ihnen verdanken wir einige der großen Weinerlebnisse Kaliforniens, die nicht nur längst salonfähig, sondern auch zum gesuchten Sammlerobjekt geworden sind. Die besten unter ihnen stammen immerhin von den ältesten Reben Amerikas. Viele der alten Zinfandel-Reben sind 80 bis 100 Jahre alt, manche auch noch älter. Stets sind sie wurzelecht und genetisch einmalig vielfältig. Vor allem deshalb schmecken sie grundsätzlich »anders« als das, was unsere modernen, genetisch banalen Einheits-Reben liefern. Ihr hohes Alter sorgt für niedrigste Erträge aus winzigen Beeren, die ihren Weinen ungewohnte aromatische, aber auch strukturelle Komplexität vermitteln, die so auf faszinierende Weise das Erleben längst vergangener Zeiten im Wein möglich machen.
Die Niedrigsterträge dieser Uralt-Reben sind für Größe im Wein verantwortlich, die sich nicht in technischer Qualität manifestiert, sondern in Charakter und Individualität. Dieses Versprechen löst Zinfandel von alten Reben wie kaum eine andere Rebsorte auf faszinierende Weise ein. Zinfandel reift so ungleichmäßig aus wie keine andere Rebsorte, und er ist hochproduktiv, sollte also auf kargen, wenig fruchtbaren, gut drainierten Böden angebaut werden, um im Wachstum nicht über die Strenge zu schlagen. Damit widerspricht er der modernen Lehre, die auf möglichst uniforme Reifehomogenität der Trauben aus ist. Zinfandel reift früh aus und er tut das sehr ungleichmäßig: Er entwickelt viele Trauben mit kleinen Beeren und ist deshalb wenig fäulnisempfindlich. In einer Traube aber können neben vollreifen Beeren auch ganz grüne unreife hängen. Das erschwert die Lese ungeheuer, denn man möchte möglichst wenig grüne lesen, zugleich aber auch keine überreifen Beeren ernten. Deshalb spricht man von Zinfandel als dem provozierenden Fragezeichen vor dem Pflücker: »make something of me if you can«. Aus Winzersicht also eine »blöde«, weil viel Arbeit machende Rebsorte. In Kalifornien gehen die mexikanischen Erntehelfer je nach Jahrgang bis zu zehnmal durch die Rebzeilen, um mühsam von Hand aus den riesigen alten Buschreben die wenigen reifen Beeren mit kleinen Scheren herauszupflücken. Die Winzer sind also in Anbetracht der Ertrags-Sensibilität und des irregulären Reifeverhaltens der Rebsorte jedes Jahr aus Neue sehr unterschiedlich gefordert. Das erklärt, warum so viele mit Mostkonzentrat und Zucker übel zugerichtete Primitivos aus Apulien kommen, wo Vitikultur, wie man sie in Kalifornien pflegt, ein Fremdwort ist.
Zinfandel hat als Museums-Rebsorte auch einen spannenden historischen Aspekt: Paul Draper von Ridge Vineyards, verantwortlich für einige der berühmtesten Zinfandels der Weinwelt, meint, daß »Zinfandel von alten Reben mehr mit dem zu tun hat, mit dem die Winzer vor dem modernen Weinbau in ihren Weinbergen arbeiten mußten, als mit dem, was heute an homogen reifenden Niedrig-Säure-Hoch-Extrakt-Turbo-Klonen in den modernen Hochliestungs-Weinbergen des Napa Valley oder des modernen Bordeaux steht«. Ob der kundige Genießer des 21. Jahrhunderts die gewohnte Seriösität eines Cabernets oder die wilde Würze eines Zinfandels wählt, ist keine Frage der Qualität, sondern eine Frage von Stil und Charakter. Cheers and enjoy!
Zinfandel, Kaliforniens große alte Rebsorte. Er war in den 70er und 80er Jahren des neunzehnten Jahrhunderts der Alltagswein für Heerscharen von Einwanderern, die damals den amerikanischen Westen überschwemmten. Sie waren es, die ihn ins Land brachten. Für sie war er so etwas wie die »rote Hoffnung« auf eine in der neuen Welt aufblühende Wein-Industrie, die allerdings erst 100 Jahre später Realität werden sollte. An der kalifornischen Weinuniversität Davis gelang erst 1994 der Nachweis auf DNS-Ebene, daß Primitivo und Zinfandel gemeinsame Abstammung haben. Weil die Rebsorte Primitivo erst seit rund 200 Jahren in Apulien angebaut wird und Zinfandel bereits um die Mitte des 19. Jahrhunderts in Kalifornien nachgewiesen werden kann, blieb aber die Frage offen, wo der gemeinsame Ursprung liegt. Dieser Nachweis gelang, nach intensiven Anstrengungen diverser Wissenschaftsdisziplinen, mittels DNA-Analysen eindeutig und unzweifelhaft: Er liegt in der alten, aus dem kroatisch ungarischen Grenzgebiet stammenden Rebsorte Crljenak kaštelanski. Sie wird vor allem in Dalmatien angebaut.
Heute hegen und pflegen amerikanische Weinmacher die alten Zinfandel-Reben mit großem Aufwand. Sie suchen gezielt nach ihnen, kartographieren sie und produzieren daraus originell eigenständige Rotweine, die es zu Kultstatus gebracht haben und inzwischen auch bei uns ernst genommen werden und eine treue Fangemeinde gefunden haben. Die besten Winzer und Winemacher Kaliforniens bauen nach Lagen und Herkunft getrennt aus. Ihnen verdanken wir einige der großen Weinerlebnisse Kaliforniens, die nicht nur längst salonfähig, sondern auch zum gesuchten Sammlerobjekt geworden sind. Die besten unter ihnen stammen immerhin von den ältesten Reben Amerikas. Viele der alten Zinfandel-Reben sind 80 bis 100 Jahre alt, manche auch noch älter. Stets sind sie wurzelecht und genetisch einmalig vielfältig. Vor allem deshalb schmecken sie grundsätzlich »anders« als das, was unsere modernen, genetisch banalen Einheits-Reben liefern. Ihr hohes Alter sorgt für niedrigste Erträge aus winzigen Beeren, die ihren Weinen ungewohnte aromatische, aber auch strukturelle Komplexität vermitteln, die so auf faszinierende Weise das Erleben längst vergangener Zeiten im Wein möglich machen.
Die Niedrigsterträge dieser Uralt-Reben sind für Größe im Wein verantwortlich, die sich nicht in technischer Qualität manifestiert, sondern in Charakter und Individualität. Dieses Versprechen löst Zinfandel von alten Reben wie kaum eine andere Rebsorte auf faszinierende Weise ein. Zinfandel reift so ungleichmäßig aus wie keine andere Rebsorte, und er ist hochproduktiv, sollte also auf kargen, wenig fruchtbaren, gut drainierten Böden angebaut werden, um im Wachstum nicht über die Strenge zu schlagen. Damit widerspricht er der modernen Lehre, die auf möglichst uniforme Reifehomogenität der Trauben aus ist. Zinfandel reift früh aus und er tut das sehr ungleichmäßig: Er entwickelt viele Trauben mit kleinen Beeren und ist deshalb wenig fäulnisempfindlich. In einer Traube aber können neben vollreifen Beeren auch ganz grüne unreife hängen. Das erschwert die Lese ungeheuer, denn man möchte möglichst wenig grüne lesen, zugleich aber auch keine überreifen Beeren ernten. Deshalb spricht man von Zinfandel als dem provozierenden Fragezeichen vor dem Pflücker: »make something of me if you can«. Aus Winzersicht also eine »blöde«, weil viel Arbeit machende Rebsorte. In Kalifornien gehen die mexikanischen Erntehelfer je nach Jahrgang bis zu zehnmal durch die Rebzeilen, um mühsam von Hand aus den riesigen alten Buschreben die wenigen reifen Beeren mit kleinen Scheren herauszupflücken. Die Winzer sind also in Anbetracht der Ertrags-Sensibilität und des irregulären Reifeverhaltens der Rebsorte jedes Jahr aus Neue sehr unterschiedlich gefordert. Das erklärt, warum so viele mit Mostkonzentrat und Zucker übel zugerichtete Primitivos aus Apulien kommen, wo Vitikultur, wie man sie in Kalifornien pflegt, ein Fremdwort ist.
Zinfandel hat als Museums-Rebsorte auch einen spannenden historischen Aspekt: Paul Draper von Ridge Vineyards, verantwortlich für einige der berühmtesten Zinfandels der Weinwelt, meint, daß »Zinfandel von alten Reben mehr mit dem zu tun hat, mit dem die Winzer vor dem modernen Weinbau in ihren Weinbergen arbeiten mußten, als mit dem, was heute an homogen reifenden Niedrig-Säure-Hoch-Extrakt-Turbo-Klonen in den modernen Hochliestungs-Weinbergen des Napa Valley oder des modernen Bordeaux steht«. Ob der kundige Genießer des 21. Jahrhunderts die gewohnte Seriösität eines Cabernets oder die wilde Würze eines Zinfandels wählt, ist keine Frage der Qualität, sondern eine Frage von Stil und Charakter. Cheers and enjoy!