Müller-Thurgau ist eine weiße Rebsorte, die nur deshalb in Deutschland als Neuzüchtung so nachhaltig Fuß fassen konnte, weil sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Nach dem zweiten Weltkrieg kam die Sorte nämlich gerade recht: Sie stellt keine Ansprüche, reift früh aus und anders als Silvaner oder Riesling gedeiht sie überall problemlos, sogar auf ehemaligen Rübenäckern. Dort ist sie sogar besonders ertragreich. Der Erfolg kam prompt, denn Müller-Thurgau ist für den Winzer leicht zu kultivieren und so überholte seine Anbaufläche 1970 die des ehrenwerten Rieslings. Diese Position hält Müller-Thurgau bis in die neunziger Jahre. In der berühmt-berüchtigten ‚Liebfrauenmilch’, die den Ruf des deutschen Weines bis die heutigen Tage hinein beeinträchtigt, ist vor allem Müller-Thurgau, getunt mit viel Süßreserve und billigem Morio-Muskat. Selbst 1990 hielt die qualitativ fragwürdige Rebsorte noch ein Viertel der bundesdeutschen Rebfläche, in Franken, wo sie bereits über die Hälfte der Rebfläche bedeckt, nimmt sie sogar weiter zu, einer der Gründe für die heutige Krise des fränkischen Weinbaus: Masse statt Klasse, damals wie heute.
Geplant war alles ganz anders. 1882 wollte der Schweizer Rebforscher Hermann Müller aus dem Kanton Thurgau in der Schweiz in der Forschungsanstalt Geisenheim im Rheingau die Qualität der edlen Sorte Riesling mit der Verläßlichkeit und frühen Reife des Silvaners kombinieren. Doch irgendwas scheint schief gegangen zu sein dabei, wie Kritiker schon damals munkelten, denn man unterstellte Herrn Müller, daß er gar nicht Riesling x Silvaner gekreuzt habe, sondern Riesling x Riesling. Tatsache ist, daß dem neugezüchteten Wundersproß eine Sorte entsprang, der die hochwertigen Riesling-Eigenschaften komplett abgingen. Die Weine der neuen Sorte entpuppten sich vielmehr als unattraktiv und langweilig, dezent blumig und wenig inspirierend.
Der sich dennoch einstellende Erfolg der Rebsorte basierte auf ihrem unproblematischen Anbau, ihrem hohen Ertrag und dem damit verbundenen anspruchslosen Charakter, der auch ungeübten Weintrinkern erstes harmloses Weinvergnügen bescherte. Noch heute ist Müller-Thurgau weltweit mit 42.000 ha Anbaufläche die erfolgreichste Neuzüchtung! Dabei wird die Rebsorte nur zu oft an Orten angebaut, die für renommiertere Rebsorten nicht geeignet sind. Deshalb schmecken ihre Weine so belanglos. Aus der Stärke der Rebsorte wird so die Schwäche ihres Weins. Nur auf guten Lagen mit niedrigen Erträgen bringt auch ein Müller-Thurgau einen aromatischen, frischen und preisgünstigen Wein, der seriöses Weinvergnügen liefert.
Zurück zur Ur-Kreuzung. Müller selbst war sich nicht sicher, welche Rebsorten er für die Kreuzung verwendet hatte. Ihn plagten von Beginn an Zweifel. Tatsächlich gelang es nie, seine Züchtung nachzuvollziehen. Im österreichischen Klosterneuburg gelang es 1998 der dortigen Weinbauschule mit Hilfe gendiagnostischer Verfahren, Silvaner als Kreuzungspartner auszuschließen, stattdessen vermutete man Chasselas = Gutedel als Riesling-Partner. Wissenschaftlern der Deutschen Bundesanstalt für Züchtungsforschung in Siebeldingen/Pfalz gelang vor einigen Jahren der Nachweis, daß die Rebsorte Madeleine Royale, eine sehr alte Kreuzung aus Pinot und Trollinger, der Vater des Müller-Thurgau sei, was kaum bekannt zu sein scheint. Heute gilt als zuverlässige Erkenntnis, daß es sich um eine Kreuzung aus Riesling x Gutedel handelt.
Man kann nur hoffen, daß Müller-Thurgau seine Bedeutung für den deutschen Weinbau verliert und durch höherwertigere und anspruchsvollere Rebsorten ersetzt wird. Daß es trotzdem hin und wieder richtig gute Müller-Thurgau-Weine gibt, liegt dabei weniger an der Rebsorte, als an deren Winzern.
Müller-Thurgau ist eine weiße Rebsorte, die nur deshalb in Deutschland als Neuzüchtung so nachhaltig Fuß fassen konnte, weil sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort war. Nach dem zweiten Weltkrieg kam die Sorte nämlich gerade recht: Sie stellt keine Ansprüche, reift früh aus und anders als Silvaner oder Riesling gedeiht sie überall problemlos, sogar auf ehemaligen Rübenäckern. Dort ist sie sogar besonders ertragreich. Der Erfolg kam prompt, denn Müller-Thurgau ist für den Winzer leicht zu kultivieren und so überholte seine Anbaufläche 1970 die des ehrenwerten Rieslings. Diese Position hält Müller-Thurgau bis in die neunziger Jahre. In der berühmt-berüchtigten ‚Liebfrauenmilch’, die den Ruf des deutschen Weines bis die heutigen Tage hinein beeinträchtigt, ist vor allem Müller-Thurgau, getunt mit viel Süßreserve und billigem Morio-Muskat. Selbst 1990 hielt die qualitativ fragwürdige Rebsorte noch ein Viertel der bundesdeutschen Rebfläche, in Franken, wo sie bereits über die Hälfte der Rebfläche bedeckt, nimmt sie sogar weiter zu, einer der Gründe für die heutige Krise des fränkischen Weinbaus: Masse statt Klasse, damals wie heute.
Geplant war alles ganz anders. 1882 wollte der Schweizer Rebforscher Hermann Müller aus dem Kanton Thurgau in der Schweiz in der Forschungsanstalt Geisenheim im Rheingau die Qualität der edlen Sorte Riesling mit der Verläßlichkeit und frühen Reife des Silvaners kombinieren. Doch irgendwas scheint schief gegangen zu sein dabei, wie Kritiker schon damals munkelten, denn man unterstellte Herrn Müller, daß er gar nicht Riesling x Silvaner gekreuzt habe, sondern Riesling x Riesling. Tatsache ist, daß dem neugezüchteten Wundersproß eine Sorte entsprang, der die hochwertigen Riesling-Eigenschaften komplett abgingen. Die Weine der neuen Sorte entpuppten sich vielmehr als unattraktiv und langweilig, dezent blumig und wenig inspirierend.
Der sich dennoch einstellende Erfolg der Rebsorte basierte auf ihrem unproblematischen Anbau, ihrem hohen Ertrag und dem damit verbundenen anspruchslosen Charakter, der auch ungeübten Weintrinkern erstes harmloses Weinvergnügen bescherte. Noch heute ist Müller-Thurgau weltweit mit 42.000 ha Anbaufläche die erfolgreichste Neuzüchtung! Dabei wird die Rebsorte nur zu oft an Orten angebaut, die für renommiertere Rebsorten nicht geeignet sind. Deshalb schmecken ihre Weine so belanglos. Aus der Stärke der Rebsorte wird so die Schwäche ihres Weins. Nur auf guten Lagen mit niedrigen Erträgen bringt auch ein Müller-Thurgau einen aromatischen, frischen und preisgünstigen Wein, der seriöses Weinvergnügen liefert.
Zurück zur Ur-Kreuzung. Müller selbst war sich nicht sicher, welche Rebsorten er für die Kreuzung verwendet hatte. Ihn plagten von Beginn an Zweifel. Tatsächlich gelang es nie, seine Züchtung nachzuvollziehen. Im österreichischen Klosterneuburg gelang es 1998 der dortigen Weinbauschule mit Hilfe gendiagnostischer Verfahren, Silvaner als Kreuzungspartner auszuschließen, stattdessen vermutete man Chasselas = Gutedel als Riesling-Partner. Wissenschaftlern der Deutschen Bundesanstalt für Züchtungsforschung in Siebeldingen/Pfalz gelang vor einigen Jahren der Nachweis, daß die Rebsorte Madeleine Royale, eine sehr alte Kreuzung aus Pinot und Trollinger, der Vater des Müller-Thurgau sei, was kaum bekannt zu sein scheint. Heute gilt als zuverlässige Erkenntnis, daß es sich um eine Kreuzung aus Riesling x Gutedel handelt.
Man kann nur hoffen, daß Müller-Thurgau seine Bedeutung für den deutschen Weinbau verliert und durch höherwertigere und anspruchsvollere Rebsorten ersetzt wird. Daß es trotzdem hin und wieder richtig gute Müller-Thurgau-Weine gibt, liegt dabei weniger an der Rebsorte, als an deren Winzern.