Dynamik im Sortiment
Engagierte Weingüter entwickeln sich ständig weiter, um ihren Weinen jedes Jahr ein wenig mehr Charakter und Individualität zu verleihen. Wir kennen unsere Weingüter, deren Menschen, deren Böden und deren Keller gut. Trotzdem haben wir nicht schlecht gestaunt, als wir nach der Abfüllung kürzlich Camilla Rossi-Chauvenets neuen Jahrgang 2023 ihres Negroamaro verkosteten.
Unglaublich, wie sie diesen Wein in den letzten Jahren verändert, vorangetrieben, verfeinert hat. Die wenig bekannte Rebsorte des italienischen Südens präsentiert sie hier fast schon gediegen edel; im Duft herbstlich würzig, im Mund raffiniert kühl, in den Gerbstoffen geschmeidig und viel wertvoller, als sein Preis erwarten läßt. Bravo!
2023 Negroamaro »Zacinto«, Masseria Cuturi, Apulien 11,90 €
K&U-Mitarbeiterinnen empfehlen ...
... drei besondere Weine. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nah dran am Geschehen. Sie sprechen die Sprachen der Länder, aus denen wir importieren, und sind regelmäßig vor Ort. Sie kennen unsere Weine meist lange, bevor sie auf den Markt kommen. Dabei haben sie die besondere K&U-Perspektive im Blick, denn wir verweigern uns anonymen Punkten und obskuren Bewertungen, suchen selbst vor Ort, was wir abseits des glatten Mainstreams entsprechend unserer fachlichen Kompetenz für besonders interessant, gut und wertig halten. Für diese oft wenig bekannten Weine müssen wir dann den Weg erst bereiten. Begleiten Sie uns doch auf unserer Reise ins Abenteuer Wein! Wir stellen hier jeden Monat drei exemplarische K&U-Weine vor, an denen wir uns und unsere Qualitätskriterien gerne messen lassen:
2022 Cairanne (Cru de Côtes du Rhône), Denis & Jean-Etienne Alary 14,50 €
Darja Ulbricht: Mein Papa importiert die Weine von Denis Alary seit über 30 Jahren. Jetzt schlüpfe ich langsam in die großen Stiefel meines Vaters, die Jean-Etienne, der Sohn von Denis, seit 2021 bereits anhat.
Es macht mir Freude, diese Generationswechsel erleben zu können. Sie sorgen für eine unheimliche Dynamik. Viele der jungen Winzer in Frankreich, Italien und Spanien folgen einem Esprit, der sich Visionen leistet und die Herausforderungen, vor denen unsere Generation steht, annimmt. Ihre Energie und ihr Mut zum Wandel tun gut. So hat Jean-Etienne den elterlichen Bio-Betrieb auf Biodynamik umgestellt und den Leitwein seiner Domaine, diesen wunderbaren Cairanne aus Grenache, Syrah, Mourvèdre und Carignan zu einem der besten Rotweine seiner zum »Cru« aufgestiegenen Appellation gemacht. Kraftvoll, voluminös, würzig, aber auch samtig fein und kühl.
2021 Bardolino Classico »Soracuna«, Villa Calicantus, Calmasino 17,90 €
Christoph Schlee: Mir gefällt dieser provokant ungeschminkte Bardolino, der mit den Harmlos-Tropfen die unter gleichem Namen am Gardasee in den Gläsern landen, so gar nichts gemein hat.
Jahrelang von der heimischen Gastronomie rund um den See abgewiesen, jetzt plötzlich in - nicht ganz - aller Munde. Daniele Delaini wurde vom Outlaw der Winzerschaft am See zum Vorbild einer jungen Winzergeneration, die sich an seinen provozierend »anderen« Bardolinos orientiert. Da liegt Burgund näher als das nahe Valpolicella: Eleganz und Finesse in filigraner Säurestruktur, duftig, transparent, aber auch überraschend potent in der Durchschlagskraft einer straffen, präzisen Struktur. Ein Naturwein, der diesen See erobert? Kaum zu glauben. Naturtrüb, vibrierend frisch und wegweisend leicht. Viel mehr als nur eine Urlaubserinnerung an den geliebten See.
2020 «Rofe« Lanzarote blanco, Puro Rofe 29,00€
Martin Kössler: Der Vulkanismus auf den kanarischen Inseln, allen voran auf Lanzarote, hat den Weinbau dazu gezwungen, sich auf die dort doch sehr speziellen Bedingungen anzupassen Ein Musterbeispiel für mögliche Antworten des Weinbaus auf die Herausforderungen der Klimakrise. Vermutlich bleibt nur der Systemneustart! Lanzarote beweist, daß es Mittel und Wege gibt ...
... mit einem Weißwein, der mich mit jedem Schluck aufs Neue elektrisiert, begeistert, fasziniert. Kaum organische Masse, dafür der jüngste Boden im Weinbau der Welt. Pure Vulkanasche, eine Menge mineralischer Nährstoffe. Verblüffend weiche Substanz im Mund, dann macht sich eine salzig rauchige Säureader auf den Weg an den Gaumen. Rasant frisch. Sauer, ohne sauer zu sein. Irres Erlebnis, einmalig, unverwechselbar vulkanisch, begeisternd eigenartig.
Mehr Wert, statt nur billig
In Deutschland, dem billigst trinkenden Weinmarkt der Welt, wird Wein vor allem nach dem Preis gekauft. Billig muß er sein, der Deutschen Wein im Glas. Deshalb wimmelt es auf den Homepages der Anbieter nur so von Aktionen, Rabatten und Nachlässen. Diese typisch deutsche Schnäppchenjagd, Geiz scheint noch immer geil zu sein, hat dazu geführt, daß kaum noch jemand nach dem Wert hinter dem Schnäppchen-Kauf fragt. Anbaumethode? Wurscht, Hauptsache billig. Gut? Keine Ahnung, mir schmeckt er. Wo kommt er denn her? Egal, Hauptsache er tut nicht weh. Selbstreflexion über den eigenen Geschmack? Ansprüche? Wissen? Fehlanzeige. Preis statt Wert. Banale Klischees statt handwerkliche Eigenart. Alkoholhaltige Wirkungsgetränke statt Jahrtausende alte Kultur. So trinkt ein jeder, was er versteht ...
... und billigst produzierter »Wein« wurde zum höchst ertragreichen Geschäft für anonyme Großkellereien und Diskounter. Neurobiologisch raffiniert abgestimmt, werden da minderwertigste Grundweine mittels eigens geschaffener Wissenschaft, der Önologie, und viel Chemie und Physik den rudimentären Erwartungen einer Kundschaft »angepaßt«, deren Griff ins SB-Regal darüber entscheidet, was dort dann morgen stehen wird. Na, denn mal Prost ...
Wir handeln mit echtem, handgemachtem Wein. Der muß seinen Preis exemplarisch wert sein, sonst führen wir ihn nicht. Er muß aus zertifiziert regenerativem Anbau stammen, (bis auf ganz wenige Ausnahmen) spontan vergoren und ohne die Zusatzstoffe der Önologie realisiert sein. Unsere Weine stammen aus überschaubar dimensionierten Familienbetrieben, sind oft auch Naturweine und stehen für traditionelles Winzerhandwerk im Sinne des Wortes. Fachhandel eben. Mehr Wert, statt nur billig.
Weißweine, die mehr können als nur zu »schmecken«
Wir kaufen Wein nicht danach, ob er uns »schmeckt«. Das ist Voraussetzung. Er muß viel mehr können, als nur zu schmecken, muß harte Qualitätskriterien erfüllen, damit wir ihn einkaufen. Da sind zuerst die Menschen hinter den Flaschen. Passen sie nicht zu uns, lassen wir die Finger von ihren Weinen. 40 Jahre Erfahrung, die sich zuverlässig bestätigt. Wir schauen die Böden an. Sind sie nicht lebendig, können die Reben, die auf ihnen stehen, nur statisch leblose, »fruchtige« Weine hervorbringen - die uns nicht interessieren. Schließlich versuchen wir, die Philosophie des Betriebs zu erfassen, die Übersetzung der Herkunft in entsprechenden Weincharakter zu ergründen. Wenn sie uns überzeugen, gehen wir in den Keller und probieren.
Nur so kann eine schlüssige Vorstellung von dem entstehen, was »gut« ist im Wein. »Qualität« muß sich weit über die rein geschmäcklerische Beurteilung hinaus beweisen, um keine hohle Floskel zu sein. Ein Inselwein schmeckt grundlegend anders, als ein Wein aus den Alpen. Ein Wein, der auf einem Hang entsteht, fühlt sich grundlegend anders an, als einer, der aus der fruchtbaren Ebene kommt. Jeder braucht eigene Kriterien zur Beurteilung. Die Nachvollziehbarkeit dieser Unterschiede macht Qualität im Wein objektiv beurteilbar. Wer sie schmecken und fühlen kann, erlebt Wein aber anders als der, der nur trinkt, was ihm »schmeckt«.
Als Fachhändler sehen wir unsere Aufgabe darin, Ihnen die Vielfalt zu zeigen, die Ihnen schmecken könnte. Deshalb macht es keinen Sinn, Ihnen »alles anzubieten, was schmeckt«, wir quälen Sie auch nicht mit endlosen Aufzählungen von Aromen im Wein. Sie riechen und schmecken anders als wir. Wir versuchen zu beschreiben, warum unsere Weine so schmecken, wie sie schmecken. Wir gehen also nicht vom Aroma, sondern vom Gefühl im Mund aus. Ihm versuchen wir Qualitätskriterien so zuzuordnen, daß sie jeder verstehen und nachvollziehen kann, ohne Jahrgänge, Rebsorten oder Regionen kennen zu müssen. Einzig Ihre Sinne sollten Sie bewußt nutzen und selbstkritisch erleben wollen. Dann werden Sie Wein von einer aktiven Seite her entdecken, die das passiv geschmäcklerische »schmeckt mir/schmeckt mir nicht«, das Sie und uns nicht weiterbringt, in die Mottenkiste legt.
Für Ihren persönlichen Qualitäts-Abgleich hier ein paar besonders »gute« Weißweine als Referenz. Abseits marktgängiger Klischees, aber durch und durch hochwertig »gut«. Vom Boden bis auf die Flasche. Aufregend anders, anregend eigensinnig, bewußtseinserweiternd spannend. An die Arbeit!
Fragen und Kritik direkt an martin@weinhalle.de
Wein wissen
Wer mehr über Wein weiß, kann mehr in ihm schmecken. Das hat nichts mit elitärer »Kennerschaft« zu tun (die meist keine ist), sondern mit Interesse am Geschmack und seinen Fähigkeiten, mit Aufmerksamkeit den eigenen Sinnen gegenüber, aber eben auch mit Wissen über die Herstellung von Wein. Deshalb lebt unsere Homepage von Texten, die statt nichtssagender Etiketten, banaler Punkte-Bewertungen und austauschbarer KI-Texte Antwort geben möchten auf die wichtigste Frage im Wein: Warum schmeckt er so, wie er schmeckt? Inhalt statt Phrasen. Fakten statt Meinung. Information statt Illusion. Wert statt nur Preis. Wesentliches über Wein. Im kritisch kommentierten Unterschied zwischen dem, was wir in ihm suchen und dem was ist:
• Hefe-Nährstoffe, DAP. Man setzt sie systematisch vor allem im konventionellen Weinbau ein, weil dort die Böden durch Düngung und Herbizide so verdichtet sind, daß sie keinen Nährstofftransport in die Beeren gewährleisten können. Deshalb müssen die dem zu vergärenden Most zugesetzten Reinzuchthefen zusätzlich ernährt werden, damit die Gärung nicht nur einsetzt, sondern auch erfolgreich durchläuft.
• Acetaldehyd. Der Stoff, der nach durchzechter Nacht für den Kater sorgt. Er droht sich vor allem in Weinen aus schwierigen Jahrgängen zu entwickeln und entlarvt die »Natur« in so manchem Naturwein als kritisch fehlerhaft.
• Veganer Wein. Wer weiß schon, was sich hinter der veganen Zertifizierung verbirgt! Unsere Kritik daran und unsere Sicht der Dinge finden Sie hier.
• Wein. Ein elitäres Getränk? Von wegen! Wein kann mehr Zusatzstoffe enthalten als jedes andere Getränk. Undeklariert wohlgemerkt! Erkunden Sie hier den aktuellen Katalog eines führenden Lieferanten für Kellerwirtschaft, mit dessen geschmacksverändernden Zusatzstoffen Weine legal zu dem gemacht werden können, was Sie (angeblich) von ihnen erwarten ...
Maturano del Frusinate. Eine Rebsorte, die schon als ausgestorben galt, aus einer Region, die selbst Kennern Fragezeichen ins Gesicht zaubert. In einem kleinen Bergdorf im Latium südöstlich von Rom produziert Danilo Scenna eigensinnige Naturweine aus alten, lokalen Rebsorten auf archaischen Terrassenanlagen, auf denen seine Reben über viele hundert Meter an Bäumen entlang wachsen. Außer Kräutertees braucht sein Weinbau keinen Pflanzenschutz. Die Beeren für seinen »Macerato« extrahierte er 6 Monate auf ihrer Schale, was ihm nicht nur goldgelbe Farbe und natürliche Hefetrübung verleiht, sondern auch den Duft von Kamillentee, herbstlicher Quitte und Apfelschale, im Mund die herbe Wirkung von Artischocke und Radicchio. Exemplarischer Orange-Wein, wie er preiswerter kaum sein kann.
2021 »Indomato Macerato« Maturano del Frusinate, D. S. Bio 19,90 €
Pigato. Die große autochthone weiße Rebsorte Liguriens. Der aufregendste Orange-Wein unseres Sortimentes. Im Alkohol verhalten, im Duft aufregend würzig an das nahe Meer erinnernd, in der Farbe goldgelb und leicht naturtrüb, und im Mundgefühl horizonterweiternd vielschichtig, mundwässernd herb, anregend salzig mineralisch, sinnlich und groß. Ein Weißwein so aufwühlend anders, so fordernd, aber auch so verständlich, daß man staunend genießt und ihm mit jedem Schluck mehr erliegt. Aris Blancardi ist der Meister in Liguriens aufregender Weinszene. Sein rarer Pigato ist einer der überzeugendsten Naturweine, den wir bisher getrunken haben. Ein Meisterwerk, das lange im Kopf nachklingt und unbedingt dekantiert und nicht zu kalt genossen werden will.
2020 Pigato »Rúcantu«, Selvadolce, Ligurien 43,90 €
»WEIN RADIKAL ANDERS«
Kultur- und traditionelle Naturweine aus radikal anderem Handels-Konzept. Eingekauft und kommuniziert in kompetent kritischer Sicht auf Viefalt, Rebe, Boden, Gärung, Mensch und Wein
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Die Rubrik ist so aktuell, daß manchmal noch Flasche und Beschreibung fehlen. Wir reichen sie umgehend nach, denn wir schreiben sie persönlich, weil unsere Weinbeschreibungen Ihnen geschmacklich nachvollziehbare und sprachlich verständliche Orientierung bieten möchten - ohne die vielen Adjektive und Superlative, für die unsere Branche so berühmt wie berüchtigt ist.