Silvaner »Sur Lie«

Ungewohnter Silberstreif auf dem Etikett. Der 2022er SILVANER «SUR LIE» von Kerstin und Richard Östreicher darf in diesem Jahrgang nicht aus dem Dettelbacher Honigberg kommen. Östreichers mußten die Lage auf dem Etikett »versilbern«. Der Grund: Der Wein fiel zweimal durch die Qualitätsweinprüfung, einer staatlich verordneten sensorischen Prüfung durch Winzerkollegen, Weinhandel und Verbraucherschutz. Ohne amtliche Prüfnummer dürfen Weine mit Herkunftsbezeichnung und Lage aber nicht in den Verkehr gebracht werden. Das bemerkenswerte Urteil der Qualitätsweinprüfer: »Weinfremd«.  

Hmm, ganz schön frech dieser fremdelnde Silvaner. Aufregender, interessanter und wertiger als das meiste, was in Franken eine Prüfnummer trägt. Hat Biß und wagt kraftvollen Griff im Mundgefühl. Bei einem Hektarertrag von 38 Hektolitern kein Wunder. Zu erfühlen in dicht gepackter, kompakt saftiger, salzig agierender Mineralität, die von kristalliner Präzision über die Zunge getragen wird. Derart anspruchsvolles Mundgefühl gibt´s nur in Weinen von lebendigen Böden und spontaner Vergärung. In Franken sind 90 hl pro Hektar nicht nur erlaubt, sondern die Regel, was man in den meisten seiner Weine prompt zu spüren bekommt.
Dann genießen wir diesen wunderbaren Silvaner aus kerngesunden, von Hand geernteten Trauben, deren Most keinerlei Schönungen, Korrekturen oder Enzyme brauchte, eben ohne Lagenangabe. Wir wissen ja, wo er herkommt. Der Blick in den Rückspiegel scheint den Prüfern den Blick nach vorne vernebelt zu haben.
Sur Lie? Ein Jahr Reifezeit auf der Vollhefe in kleinen gebrauchten Holzfässern. Wer das kann, braucht Trauben, die so gesund, so auf den Punkt reif gelesen sind, daß ihr Wein eine Prüfnummer nicht nötig hat. So freuen sich jetzt 1.231 Flaschen mit weinfremdem Inhalt auf GenießerInnen, die weiter blicken als die Prüfer.