Veganer Wein
Das Vegane im Wein beginnt dort, wo der Mensch in den Wein eingreift
Um die unvermeidlichen Insekten und das Kleingetier im Lesegut (zumal wenn es für den billigen Preis mit dem sogenannten Vollernter, also mit der Maschine, geerntet wurde), geht es dabei so wenig, wie um die Kirschessigfliege, die für bestimmte rote Rebsorten zunehmend zum Problem wird. Und ob die Winzerinnen Lederschuhe oder Ledergürtel tragen oder ein Auto mit Ledersitzen fahren, ist auch egal. Veganerinnen möchten wissen, ob der Wein in der Kellerwirtschaft unter Verwendung tierischer Produkte hergestellt wird.
Deklariert werden muss das alles bis jetzt nicht, denn Wein ist juristisch ein spezielles Lebensmittel. Ausgerechnet im sich selbst so elitär darstellenden Wein wird man bewusst nicht über dessen genaue Herstellung in Weinberg und Keller informiert. Dabei dürfen, völlig legal, zahlreiche geschmacksverändernde Zusatzstoffezugesetzt werden - ohne jede Deklaration. Selbst wenn man Winzer und Weingut gut zu kennen meint, ist man vor entsprechenden Manipulationen nicht gefeit, weil man nicht dabei sein kann, wenn sie angewandt werden. Von wegen »in vino veritas est«. Je billiger ein Wein, um so mehr wurde er behandelt.
Deshalb treten wir radikal für mehr Transparenz in der Weinproduktion ein, nicht nur im veganen Wein. Wir fordern seit Jahrzehnten eine Volldeklaration aller relevanten Zusatzstoffe - die ab dem Jahrgang 2024 nun tatsächlich durch europäisches Gesetz verpflichtend wird, endlich, allerdings nicht alle wirklich relevanten Zusatzstoffe enthalten wird (z. B. nicht die viele der Schönungsmittel). Immerhin, der Anfang ist gemacht.
Kritik
Historisch haben Nutztiere in der Landwirtschaft, und damit auch in der Produktion von Wein, lange eine tragende Rolle gespielt. Mit dem Pferd hat man gepflügt, mit dem Dung des Stallviehs gedüngt. Mit frischem Eiweiß wird Wein noch heute geklärt und geschönt. Mit Molke-Spritzungen wird erfolgreich nicht nur das Immunsystem der Reben gestärkt, sondern auch die Schalen ihrer Beeren vor Pilzbefall geschützt. In der Biodynamik sind Hornkiesel und Hornmist zwei wesentliche Präparate, beide aus Kuhhörnern gewonnen, die der Stärkung der Abwehrkräfte der Reben ebenso dienen, wie der Verbesserung der Rebphysiologie.
Guter Wein, wie wir ihn verstehen und anbieten, entsteht ausschließlich und zwingend nur in intakten Biosystemen. Sie sind nötig, um auf lebendigen Böden von Reben, die in möglichst natürlicher Balance mit ihrer Umgebung stehen, gesunde, reife Trauben gewinnen zu können. Nur sie machen in der Kellerwirtschaft Korrekturen überflüssig. Das ist die Kernaussage unseres Konzeptes »Wein radikal anders«, das wir konsequent wie kein anderer Weinhändler hierzulande in die Tat umsetzen.
Längst nicht alle vegan zertifizierten Weine werden so hergestellt, wie wir uns das vorstellen. Sie müssen nicht mal Bio sein. Veganer Wein ist also nicht automatisch ein nachhaltig »gutes« Produkt, schließt dies aber immerhin nicht aus. Die Zertifizierung des Begründers der veganen Bewegung, der Vegan Society in London, beschränkt sich nach wie vor ausschließlich auf den Ausschluss aller tierischen Zusatzstoffe in der Weinbereitung. Das gilt auch für die Zertifizierungen aller anderen veganen Marken wie vegan action, beVeg etc...
Auch vegane Weine sollen billig sein. Also stammen sie nur zu oft aus konventioneller Bewirtschaftung. Sie werden dann zwar im Keller mit nichttierischen Schönungsmitteln behandelt, aber mit geschmacksverändernden Reinzuchthefen und Enzymen (z. T. aus Genmanipulation) vergoren - und sind trotzdem vegan zertifiziert. Außer besagtem Verzicht auf tierische Behandlungsmittel im Keller gibt es keine weitergehende Regelung für ihre Herstellung. Mit echter Transparenz hat das wenig zu tun.
Weil die vegane Bewegung inzwischen enorme Umsätze generiert, läßt sich die Industrie das Geschäft nicht entgehen. Sie hat für viele tierische Zusatzstoffe ganz schnell pflanzliche oder synthetische Alternativen entwickelt, die für vegane Produkte geeignet sind. Das kommt für unsere Winzerinnen und Winzer nicht infrage, sie können es besser.
Wir gehen weiter
Wenn wir einen Wein als vegan deklarieren, ist er tatsächlich von der Rebe bis zu Ihnen ins Glas nicht mit tierischen Produkten in Berührung gekommen. Gegen Insekten im Lesegut kann man nichts machen. Aber da wir fast ausschließlich Weine aus Handlese anbieten, können wir sogar für fast jeden Marienkäfer garantieren. Tierische Pflanzenbehandlung erfolgt bei unseren Winzerinnen und Winzern wenn, dann nur mit Molkeprodukten. Alle Schönungs- und Behandlungsmittel tierischen Ursprungs können wir in der Kellerwirtschaft unserer Betriebe ausschließen, wie übrigens auch alle synthetischen Spritzmittel im Weinberg und Zusatzstoffe im Keller. Können wir dies in Ausnahmefällen nicht garantieren, deklarieren wir dies ausdrücklich in der Deklaration unter dem entsprechenden Artikel. Wir verlassen uns also nicht auf eine evt. vegane Zertifizierung, weil Wein komplexer ist, als die Kriterien dieser Zertifizierung.
Alle Weine, die wir als vegan deklarieren, sind garantiert frei von tierischen Produkten in der gesamten Verarbeitungskette, soweit das technisch möglich ist (siehe Insekten im Weinberg oder im Lesegut), sie sind aber auch alle regenerativ zertifiziert, was für unsere Weine unbedingte Voraussetzung ist, und sie sind nicht auf irgendeine andere Art behandelt, geschmacklich modifiziert oder mit Zusatzstoffen in Berührung gekommen - also weit mehr als nur vegan.
© K&U 2021