Rossese. Nie gehört? Kein Beinbruch. Kennen auch viele Sommeliers und Weinhändler nicht. So heißt eine nur noch auf wenigen Hektar Rebfläche angebaute rote autochthone Rebsorte Liguriens. Sie wissen ja, daß die alten, lokal angestammten, inzwischen meist vergessenen Rebsorten der Welt unsere Leidenschaft sind. Vielfalt statt Einfalt, denn von diesen alten Sorten gibt es keine auf bestimmte Eigenschaften gezüchteten Klonen, sie sind noch ursprünglich in ihrer Genetik, machen eine Zeit im Wein schmeckbar, in der man noch nicht in geschmacklich populistischen Klischees für das Selbstbedienungsregal plante, dachte und machte.
Es sind Weine wie dieser, die uns viele Kilometer im Jahr fahren lassen. Sie muß man suchen, ihre Winzerinnen und Winzer besuchen, ihre Weinberge sehen und erleben, um sie als Weine verstehen zu können. Denn mit dem, was »man« so trinkt, haben diese Weine nichts gemein. Aris Blancardi aus dem mittelalterlichen Städtchen Bordighera an der ligurischen Küste, seine Reben blicken aufs Meer, ist nicht nur ein wunderbarer Mensch, sondern auch ein Ausnahme-Winzer, der jeden Umweg lohnt.
Aris Blancardis Rossese fühlt sich im Mund an wie piemontesischer Rotwein, wie Nebbiolo, duftet morbid nach reifen roten Früchten und welken Rosenblättern, antiquiert vornehm und edel. Der Duft einer vergangenen Zeit im Wein. Weckt die Geister, macht Freude und Lust auf mehr, zeigt er doch, daß es auch anders geht als immer nur dem breiten Strom hinterher. Da wird Wein übrigens zu Psychologie, denn wer solche Weine genießt, muß einen anderen, weiteren Horizont haben, muß sich selbst kennen, um dem eigenen Geschmack so vertrauen zu können, daß man diesen Wein auch wirklich mit allen Sinnen genießen kann. Kein Wein für die Nische also, sondern einer für die Nische der Nische.
Trotzdem stellen wir ihn hier vor, denn vielleicht haben Sie in diesen Tagen zwischen den Jahren ja Zeit, sich mal intensiver mit einem so ausgefallenen Rotwein zu beschäftigen, in dem wir übrigens langfristig die Zukunft im Wein sehen. Wie banal und langweilig, wie uniform und vorhersagbar soll Wein denn noch werden? Zumal in Italien! Deshalb ab in die Nische. Ab in die Vielfalt der Rebsorten, der Macharten, der vielen unbekannten Herkünfte, die Italien in Hülle und Fülle zu bieten hat ....
Dies ist unser letztes Kalenderblatt im diesjährigen Adventskalender. Morgen ist Weihnachten, da schaut bestimmt niemand hier vorbei. Wir sind zwischen den Jahren wie gewohnt für Sie da und machen dann vom 30.12. bis zum 7.1.2024 Pause. Und dann freuen wir uns schon darauf, von Ihnen wieder zu hören. Servus miteinand!
