Das Weißwein - »diverser denn je« - Paket

Noch nie war Weißwein so spannend wie zurzeit. Das liegt ganz einfach daran, daß durch die Naturweinbewegung Bewegung in die bis dahin doch recht eingeschränkte Vorstellung von Weißwein gekommen ist. Er muß jetzt nicht mehr nur banal »fruchtig« sein (was er nur sein kann, wenn er geklärt, geschönt und mit Reinzuchthefe oder Enzymen im Edelstahltank nach den Rezepten der Kellerwirtschaft kalt vergoren wurde). Jetzt darf er Gerbstoffe wie Rotwein auf die Zunge spülen, wie im sogenannten »Orange-Wein«; er darf naturtrüb auf der Feinhefe abgefüllt werden, darf spontan und warm vergoren worden sein, kann im Holzfaß, in der Amphore oder im Beton-Ei das Licht der Welt erblickt haben, und wird aus unbekannten lokalen Rebsorten gekeltert, die kein Mensch kennt - und schmeckt und wirkt genau deshalb heute so divers, so spannend vielfältig in Stil und Charakter, wie die Menschen, die ihn machen und trinken.

Weißwein zeigt sich heute spannender als Rotwein, der immer von seinen Gerbstoffen dominiert wird. Im Weißwein hat der Winzer - perfekt gesunde und für den gewünschten Stil zum entsprechenden Zeitpunkt geerntete Trauben vorausgesetzt - alle Freiheiten, sich zu entfalten, seinen eigenen Stil zu finden. Dafür kann er z. B. die Trauben für Säure und Frische bewußt früher als üblich ernten, er kann sie reif ernten, um einen eher fülligen, milderen Weißwein zu erhalten, und er kann sie bewußt spät, also vollreif, lesen, um einen mollig weichen, säurearmen, dafür aber auch schnell reifenden Weißwein zu gewinnen. Vom Ausbau danach - ob in Edelstahl, Holz, Beton oder Amphore, ob mit steriler Reinzucht- oder wilder Naturhefe vergoren, ob kaltvergoren oder warm ohne Temperaturkontrolle - alles maßgeblich stilbildende Faktoren - ganz zu schweigen. Vielfalt statt Einfalt!

Damit Sie die ganze stilistische, aber auch geschmackliche Bandbreite im Weißwein zu Hause während der anstehenden Fest- und Feiertage in aller Ruhe ausprobieren und erleben können, haben wir Ihnen sechs spannende, extrem unterschiedliche, weil nahezu alle Stile und Macharten repräsentierende Weißweine eingepackt, die Sie fordern, aber nicht überfordern werden. Wir haben sie so ausgesucht, daß Sie mit ihnen Ihre Küche der stillen Zeit zwischen den Jahren gekonnt begleiten können. Wir wünschen viel Freude und Wein-Erkenntnis mit der besonderen Vielfalt dieser sechs Weine, die wir bewußt der Einfalt des Mainstreams aus dem SB-Regal entgegenstellen.


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2019 Rioja blanca »Fuente Leon«, Bodegas Ojuel

Ein junger Betrieb, ein junger engagierter Bio-Winzer, eine Region in der Rioja, die stets als zu kühl galt, um dort gute Weine machen zu können . Die Klimakrise stellt dies auf den Kopf. Miguel Martinez entführt hier in die alte, kühle Welt der Rioja und weist seiner Region den Weg in eine stilistisch und geschmacklich andere Zukunft. Sein selbstbewußter Weißwein aus Tempranillo Blanca und Garnacha Blanca, deren Reben auf 800 m Höhe stehen, also kurz vor ihrer Wachstumsgrenze, verblüfft ob seiner Frische, seiner Dichte und seines hohen Niveaus zu einem Preis, der einfach nur jubeln läßt. Dort oben sind die Böden steinig und nur schwer zu bearbeiten. Deshalb kommt der Wein zwar weich und kräuterwürzig auf die Zunge, zeigt aber einen salzig straffen Kern, der an nassen Stein erinnert und ihn aromatisch leise, aber auch raffiniert tiefgründig prägt. Natürlich perfekt zu mediterraner Küche und zu hochwertigen Wurstwaren a la España, harmoniert aber auch feinsinnig zu vegetarischer und veganer Küche, zu Vorspeisen und Salaten aller Art, zu Räucher-, gebeiztem, rohem oder gebratenem Fisch in, an und auf Salaten.

2020 »Csopak« Welschriesling, St. Donat Winery, Ungarn

Welschriesling aus Ungarn. Das ist so ziemlich das Letzte, was der deutsche Weintrinker braucht. Denkste! Liebe Leute, wenn ihr diesen Wein im Glas habt, könnt Ihr die allermeisten Grauburgunder alias Pinot Grigio getrost vergessen! Der junge Tamas Kovacs ist ein brillanter Weinmacher, einer der wenigen Biowinzer Ungarns. Im Balaton, direkt am Plattensee. Seinen tatsächlich an (guten!) Grauburgunder erinnernden Welschriesling prägt rauchig fülliger Geschmack, den er den vulkanischen Böden dort verdankt. Er hat ihn sensibel im Holzfaß spontan vergoren, hat ihn nicht filtiert und hat ihn vegan ausgebaut. Weich und füllig im Mund, rund, mild und saftig, aber nicht harmlos, breit und plump, sondern voller Spannung mit agiler Saftigkeit im Mundgefühl. Zu diesem Preis ein fast konkurrenzloser Weinwert. Paßt zu buchstäblich allem - außer zu Speisen, in denen Süße eine Rolle spielt. Zu deftiger deutscher Regionalküche, zur typisch deutschen Brotzeit und deren regionalen Wurstwaren, zu kraftvoll würziger vegetarischer Küche, zu Salzigem wie Fisch, am besten geräuchert oder gebeizt, wie zu hellem Fleisch, zu Gans und Ente - Sie werden ihn staunend genießen! Kostet doppelt so viel wie die Einfalt aus dem SB-Regal, kann aber viiieeel mehr ....

2018 »Matre« Bianco del Frusinate IGT, D.S. Bio, Latium

Ein besonderer Weißwein. Italien ernsthaft anders. Wir sind im Latium auf fast 800 m Höhe. Alpine Umgebung wenige Kilometer östlich von Rom. Ein junger Biodynamikwinzer regeneriert die archaischen Kultur-Reben seiner Familie, gepflanzt Mitte des 19. Jahrhunderts, also vor der Reblaus, die zusammen mit Eichen, Obst- und Olivenbäumen auf uralten Terrassen stehen und über Hunderte von Metern an diesen Bäumen entlang wachsen. Weinbau ohne Maschine. Berührende Realität, die zeigt, daß es auch anders geht. Sensationell lebendige Böden, begeisternde Biodiversität und Reben in natürlicher Balance. Hier mußte noch nie gespritzt werden! Der Wein? Gekeltert von uralten Reben der Rebsorten Maturano und Trebbiano. Dunkelgelb. mysteriös würzig und geheimnisvoll leise im Duft. Im Mund cremig, wenig Säure, weich fließend. Trotzdem frisch, nur irgendwie »anders«. Sahnig kernige Konsistenz im Mund. Winterliche Pasta-Gerichte und alle Arten winterlicher Risotti verlangen nach diesem Wein. Anspruchsvoll kreative Gemüseküche, helles Geflügel, salzige Vorspeisen a la Italien und Fisch, ob gegrillt, gekocht oder an Saucen, sind sein Metier. Selbst dunkles Fleisch weiß er zu bereichern. Beeindruckend anders, bewußtseinserweiternd archaisch.

2019 Grüner Veltliner »Ziesel«, Herbert Zillinger, Weinviertel

Die Ösis und ihr grüner Veltliner. Sie zelebrieren ihn, reizen bis heute aber das stilistische Spektrum, zu dem diese große Rebsorte fähig wäre, kaum aus. Sie pflegen lieber bewährte Klischees für behäbige Kunden. Das ist weniger anstrengend. Bloß kein Wandel! Herbert Zillinger, ein engagierter Biodynamik-Winzer, wagt mutig andere Wege. Sein »Ziesel« ist Veltliner wie früher und zeigt, was möglich wäre. Er läßt ihn »dreckig« mit allen Trübstoffen direkt aus der Presse ins Holzfaß laufen, wo er ihn spontan auf der wilden Hefe ohne Kühlung, ohne Schwefel, ohne Eingriffe, vergärt und ein Jahr lang auf der Vollhefe ausbaut. Naturwein, wie er füher war. Damals, als Wein noch »natürlich« sein durfte. Präsentiert sich rauchig, speckig, mundfüllend saftig in weicher Substanz im Mundgefühl. Beeindruckend stoffig und vielschichtig. Weißwein, der auch Schmorgerichte und Braten packt, kraftvoll regionale und winterlich inspirierte Frischküche, sowie geräucherte Wurstwaren und hochwertige Rohmilchkäse unaufdringlich, aber mit Charakter und Eigensinn begleitet. Zu Geflügel aller Art und vielen raffiniert gewürzten Salaten, sowie »solo« danach, inspirierend potenter Natur-Genuß. Es lebe die Vielfalt.

2020 Sancerre »Les Grous«, Domaine Fouassier, Loire

Sancerre, der berühmteste Sauvignon Blanc der Welt. Die Rebsorte erfreut sich noch immer großer Beliebtheit, weil sie laut und ziemlich ordinär duften kann. Doch weil irgendwann alle Sauvignons der Wel gleich laut und banal aus dem Glas qualmten, geht die Zeit dieser Duft-Exzesse jetzt zu Ende und die Rebsorte erfährt endlich substantielle Würdigung. Auch den jungen Biodynamik-Winzern Benoit und Paul Fouassier geht es nicht um banalen Rebsortencharakter. Sie suchen den Einfluß ihrer kalkigen Böden auf Stil und Charakter der Rebsorte herauszuarbeiten. Weil ihr legendärer Sancerre »Les Grous« von ihrer kargsten und kalkigsten Parzelle stammt, durchzieht ihn mundfüllend weiche Substanz mit filigraner Säure, die oben auf der Zunge, typisch für Kalk, für irgendwie matt wirkende Dichte und am Gaumen für enorme Länge sorgt. Kräuterwürziger Duft durchzieht den Wein. Er erinnert an frisch gemähtes Gras, an herbstliches Laub, feuchtes Unterholz im Herbst und man meint, den Kalkstein, auf dem seine Reben stehen, im Duft zu ahnen. Gibt viel zu riechen und zu schmecken in diesem Wein. Komplexität der Herkunft statt simpler Fruchtcharakter. Begleitet alle Arten von Gemüsen (vor allem grüne & Kohl) sowie Fisch (in fast allen Varianten) souverän. Zu hellem Fleisch und zu Ziegenkäse aller Art blüht er auf und zeigt, was er kann. Am besten 2-3 h vorher dekantieren.

2002 Chardonnay »County Line«, Radio-Coteau, Kalifornien

Chardonnay aus Amiland. Muß das sein? Na ja, das Niveau, daß dieser Biodynamik-Chardonnay zu bieten hat, gibt es zu diesem Preis in Europa nicht und auch die CO2-Bilanz seines Importes, auf die wir sehr achten, ist besser als jeder LKW-Import aus Sizilien oder Portugal. Eric Sussman ist ein begnadeter Winzer. Sein Weingut Radio Coteau in der kühlen Sonoma Coast nördlich von San Francisco ist Demeter®-zertifiziert und seine Weine gehören zum Feinsten, was Kalifornien zu bieten hat. Dieser Chardonnay ist aber weder dick, noch fett, noch breit, noch süß, noch mollig, sondern kommt knackig frisch, strahlend straff und mundwässernd agil auf die Zunge. Macht spontan Lust auf den nächsten Schluck. Kaliforniens neue Chardonnay-Generation. Aus von Bio-Kollegen zugekauften Trauben - sonst könnte Eric diesen Preis nicht realisieren. Wild vergoren in gebrauchten Barriques und Betoneiern, deshalb trotz rassig straffer Frische saftig cremig und anspruchsvoll vielschichtig im Mundgefühl - irgendwie muß der Preis ja seine Berechtigung zeigen. Das tut er hier im Eindruck von Physis, von fühlbarer Substanz, von Dichte und vibrierender Energie und Lebendigkeit im Mundgefühl, wie sie nur niedrige Erträge, gesunde Trauben und gute Weinbergsarbeit in den Mund zu spülen vermögen. Unbedingt 3-4 h vor Genuß dekantieren und dann zu winterlicher Küche genießen. Je länger er in der Karaffe Luft bekommt, je universeller wird er einsetzbar. Dann läßt er nicht nur Gans und Ente respektvoll schwimmen, sondern begleitet auch jeden Fisch, von roh bis gegrillt, aber auch kreative Veggie- und vegane Küche - und selbst helle und dunkle Fleischgerichte an kräftigen Saucen - so sinnlich wie souverän. Großer Chardonnay eben. Das können die da drüben schon.