Teuer kann jeder.


Deshalb sind Weine, die ihren Preis besonders »wert« sind, heute eher die Ausnahme.

Auch teurer Wein kann seinen Preis wert sein.

Dagegen ist billiger Wein seinen Preis nie wert. 

Und was der eine für teuer hält, ist dem anderen zu billig.


Die Qualität eines Weines, dessen Wert hinter dem Preis, zu beurteilen, setzt mehr als nur den eigenen »Geschmack« voraus 

Diese Fähigkeit entwickelt man aber weder am Selbstbedienungsregal, noch fällt sie einem in den Schoß. Sie setzt profundes Wissen um die Bewirtschaftung der Reben und den Zustand der Böden voraus, auf denen sie stehen; sie sind entscheidend für die Art der Vergärung und den anschließenden Ausbau der Weine. Ohne dieses Wissen - und ohne die Philosophie des Winzers zu kennen - ist der wahre Wert hinter dem Preis eines Weines weder zu verstehen, noch zu ermitteln.

Daß wir unserem eigenen Geschmack nicht mehr vertrauen können, verdanken wir der Wissenschaft der modernen Önologie, der sogenannten Kellerwirtschaft. Sie ist zur Reparaturabteilung jener Agrarchemie geworden, die seit den 1970er Jahren den Winzern der Welt mit ihren Pestiziden und Kunstdüngern »sichere« Ernten mit hohen Erträgen beschert. Doch ihre weltweit in riesigen Mengen nicht nur im Weinbau, sondern auch in der Landwirtschaft intensiv eingesetzten synthetischen Herbizide und Düngemittel zerstören das natürliche Mikrobiom des Bodens nachhaltig und liefern den Winzern dann Moste, die mit synthetischen Reinzuchthefen vergoren werden müssen, die zuvor mit Nährstoffen (DAP) »gefüttert« werden mußten, weil sie sonst nicht zu gären beginnen, geschweige denn zuverlässig und schnell durchgären würden.

Dieses Szenario führte bereits in den 1970er Jahren zu jener »fruchtigen« Weißweinstilistik, die heute weltweit die Vorstellung von Weißwein dominiert. Aus unnatürlich hohen Erträgen gekeltert, die Moste mit entsprechenden Aromahefen oder Enzymen schnell, sicher und für intensive »Fruchtigkeit« im Edelstahltank kalt vergoren, anschließend mittels zahlreicher geschmacksverändernder Zusatzstoffe geschönt und auf jene Geschmacks-Klischees getrimmt, die Neurologen und Psychologen in ihrer Forschung ermittelten - das ist er, der moderne Weißwein, der heute 98% des Marktes bevölkert. Weil die moderne Önologie heute also jene Geschmacksklisches genau kennt,  die dem gemeinen Weinvolk »schmecken«, hat sie nicht nur die Ausbildung der Winzer, sondern auch die Kellerwirtschaft darauf ausgerichtet, diese mittels ihrer nicht deklarationspflichtigen Zusatzstoffe auf den jeweils herrschenden Zeitgeist-Geschmack buchstäblich einstellen zu können. Es lohnt sich in diesem Zusammenhang, sich mit dem Katalog des wichtigsten deutschen Önologie-Lieferanten näher zu beschäftigen. Um möglichst »preiswert« produzieren zu können, realisieren aber nicht nur einschlägige Großbetriebe ihre Weine mit diesen Wundermitteln aus dem Chemiebaukasten, sondern auch und gerade viele »kleine Winzer um die Ecke«, denn auch ihre Weine sollen schließlich zuverlässig so schmecken, wie es ihre Kunden erwarten. Da braucht es dann nur noch die nette Geschichte - und schon verkaufen sich die Weine ...

Läßt sich Wein »objektiv« beurteilen?

Den Eindruck erwecken zumindest die bei Weinhändlern wie Kunden so beliebten Punktebewertungen, wie auch die mit blumigen Adjektiven geschwängerten Weinbeschreibungen, von denen es in den einschlägigen Internetshops nur so wimmelt. 

Der faszinierenden Vielfalt guter Weine aus handwerklicher Herstellung werden sie aber weder in Stil und Charakter noch in der qualitativen Beurteilung gerecht, weil sie den wahren Wert hinter dem Preis nicht zu erfassen vermögen und sich so als bequemes, aber wertloses Marketing-Tool entlarven.

Auch das ständig zitierte »Preis-Leistungs-Verhältnis« tut so, als stünde es auf objektiven Bewertungskritieren. Dabei entlastet es den Zitierenden lediglich von mühsamen Gedanken über eigene Geschmackskriterien, stellt es ihn doch als den dar, der zu urteilen versteht; es schützt dessen Ego vor Zweifel, hat mit objektivem Urteilsvermögen aber nichts zu tun. 

Will ich wirklich beurteilen können, ob der Wein im Glas vor mir sein Geld wert ist, muß nicht der Wein etwas leisten, sondern ich als der, der ihn zu beurteilen versucht. Wenn ich dafür außer meinem »eigenen Geschmack« aber über keine härteren Kriterien verfüge, ist mein Urteil wertlos, denn es beruht lediglich auf antrainierten Trink- und Schmeck-Gewohnheiten, die es mir nicht erlauben, einen Wein über diese beschränkte Geschmackserfahrung hinaus im Charakter seiner Bewirtschaftung, seiner Vergärung, seiner Herkunft, seiner Entstehungsgeschichte insgesamt, und den darauf basierenden geschmacklichen Möglichkeiten erfassen und beurteilen zu können. Insofern ist das unsägliche »Preis-Leistungs-Verhältnis« eher eine kompromittierende Aussage über den, der es zitiert, als über den Wein, dem es angeblich gilt.

Soll Wein nur »schmecken« - oder mehr können, um »gut« zu sein?

Warum trinken so viele Weintrinker ihr Leben lang nur das, was sie kennen und verstehen? Weil es ihnen »schmeckt« ...

... was die moderne Kellerwirtschaft zuverlässig zu liefern vermag.

Doch wollen wir uns in unseren geschmacklichen Möglichkeiten wirklich ganz auf die Geschmacks-Klischees der Öno-Industrie beschränken? 

Wenn nicht, brauchen wir offensichtlich andere Kriterien als nur den eigenen Geschmack zur Beurteilung der Preiswürdigkeit eines Weines. 

Das sind vor allem technische Kriterien wie die Vergärung per synthetischer Reinzucht- oder natürlich wilder Spontan-Hefe, das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen industriellem und handwerklichem Weinbau (womit wir mitten in der Problematik der Bewirtschaftung wären ....); das ist der Zusatz von Hefenährstoffen, damit die Gärung per Reinzuchthefe überhaupt erst in Gang kommt; das ist die schmeckbare Auf- oder Entsäuerung; das ist im Weißwein der natürliche Milchsäureabbau und im Rotwein die physische Beschaffenheit der Gerbstoffe, also die Frage nach der Winzerkunst der Extraktion der Inhaltsstoffe aus den Beerenschalen; das ist die Physis des Mundgefühls ganz allgemein und die Länge und Harmonie im Nachklang am Gaumen; das ist das Gefühl von Dichte im Mund durch niedrige Erträge, durch Maischegärung oder lange Reife auf der Voll- oder Feinhefe, das sind aber auch Fehler wie Bitterkeit durch Trockenstress, zu hohe Erträge, falscher Lesezeitpunkt, schlechter Holzeinsatz oder geschmackliche Beeinflussung durch mikrobiologische Probleme.

Durch die Herausforderungen der Klimakrise kommen bislang viel zu wenig beachtete, jetzt aber existentiell werdende harte Qualitätskriterien hinzu:

Die Bewirtschaftung & der Boden 

Wollen wir uns nicht endgültig abhängig machen vom Zwang zur Reparatur in der Kellerwirtschaft mit den Mitteln der modernen Önologie, die zwangsläufig zu jener stilistischen Monotonie führen, die den Weinmarkt weltweit prägt und dominiert, müssen wir uns von der Agrarchemie im Weinberg befreien und den Weg in eine ganz neue, ganz andere Interpretation dessen suchen, was wir Wein nennen. 






Wir von K&U wählen unsere Weine nach der Art der Bewirtschaftung ihrer Reben und der Beschaffenheit ihrer Böden aus. Dazu sind wir mehr denn je vor Ort unterwegs. Denn lebendige Böden aus regenerativer Bewirtschaftung sind für uns zwingende Voraussetzung, bieten doch nur sie ihren Winzerinnen und Winzern die Möglichkeit, Weine zu produzieren, die eigenständigen Stil und Charakter wagen, weil sie individuell, der Qualität ihrer von Hand geernteten Trauben gemäß, verarbeitet und natürlich spontan vergoren werden können. 

Spontane, natürliche Gärung, ein für uns seit über 30 Jahren wesentliches Qualitätsmerkmal, bei den Weißweinen mehr als bei den Rotweinen, weil nur Moste spontan vergoren werden können, deren Trauben nicht mit Maschine geerntet werden, in denen die Hefepopulation nicht schon im Weinberg durch chemische Kontamination zerstört wurde, und die durch maximale biologische Diversität und ein lebendiges Bodenmikrobiom die Nährstoffversorgung bekommen haben, die sie brauchen, um auf natürliche Weise die auf Trauben und Rappen vorhandenen Hefestämme so ernähren zu können, daß diese den Most ohne Unterbrechung sauber und sicher durchgären können, ohne daß ein Rest Zucker übrigbleibt. Nur so können Weine den Charakter ihrer Herkunft - statt nur das Klischee ihrer Machart - entwickeln und transportieren. Nur so können sie außerhalb der langweilig genormt wirkenden Geschmacks- und Geruchs-Klischees des Mainstreams agieren. 

Deshalb ist biologische Zertifizierung seit vielen Jahren zwingende Voraussetzung für Weine, die wir in unser Programm aufnehmen. Aus qualitativen Gründen verstehen wir uns aber nicht als Bioweinhändler, denn nur »Bio« ist uns zu wenig. Durch die Industrialisierung für Billig-Bio bietet das »Bio« keine Garantie für geschmackliche Qualität, wie wir sie suchen. Es steht heute lediglich für kontrollierte Prozesse ohne Qualitätsanspruch. Für kompromißlose Bio-Qualität wären die entsprechenden Verbände zuständig, die aber nicht immer dafür sorgen können oder wollen.

Konventionelle Agrarchemie-Weine haben wir schon lange nicht mehr mehr im Programm. Doch auch der klassische Monokultur-Weinbau, wie er leider auch im Bio-Bereich noch immer die Regel ist, hat in Zeiten der Klimakrise keine Zukunft in unserem Programm. Wir suchen deshalb  nach Winzerinnen und Winzern, die sich in Agro- und Vitiforst-Projekten mit der Förderung ihrer Mykorrhiza-Netzwerke im Boden beschäftigen, um so für Wasserspeichervermögen und Nährstofftransport in ihren Böden zu sorgen (unsere Weinhandelskollegen von DELINAT haben dazu diese überaus lesenswerte PDF-Broschüre verfaßt). 

Im Mittelpunkt aller Bemühungen für einen Weinbau der Zukunft muß also die Förderung maximaler biologischer Diversität durch Pflanzung lokal angestammter und entsprechend geeigneter Bäume und Hecken im und um den Weinberg herum stehen. Nur so wird die Bewirtschaftung angestammter Rebsorten in Zeiten der Klimakrise noch möglich sein, will man nicht den derzeit viel diskutierten Piwis den Weg bereiten (Pilzwiderstandsfähigen Rebsorten), von denen wir bis heute nicht überzeugt sind. Der Weinbau hat mögliche Antworten auf die Herausforderungen durch die Klimakrise bislang kaum angedacht. Deshalb gilt unser Interesse in Zukunft vor allem Winzerinnen und Winzern, die sich über neue und alte Wege in Anbau und Bewirtschaftung ihrer Reben über die bestehende Monokultur hinaus Gedanken machen.  

Sie sehen, unsere Weine müssen mehr können, als nur »gut zu schmecken« oder »nur Bio« zu sein. Für uns gelten als Wert hinter ihrem Preis Kriterien wie Lebendigkeit durch streßfreie natürliche Vergärung, vertikale Tiefgründigkeit und Dichte durch natürlich niedrige Erträge, den Charakter der Herkunft, der nur durch mehr biologische Diversität und spontane Vergärung erkennbar wird, vor allem aber suchen wir statt Geschmack nach einem Mundgefühl, das hochwertig vielschichtig und anspruchsvoll agiert - und selbst von absolut ungeübten Laien im direkten Vergleich mühelos verstanden und als unmißverständliches Qualitätskriterium erkannt wird.  

Andere Kriterien, die entsprechend anders kommuniziert werden müssen. Deshalb gibt es bei uns weder Punkte noch zweifelhafte Bewertungen irgendwelcher selbsternannten Verkoster. Wir versuchen in eigener Weinsprache so nachvollziehbar wie möglich zu beschreiben, warum ein Wein so riecht und schmeckt, wie er es tut (unabhängig davon, ob oder wie er uns persönlich »schmeckt«). Entscheidende Transparenz für mehr Wissen, damit Sie nicht mehr passiv dem Wein gegenüberstehen, sondern ihn aktiv entdecken können.

Stellvertretend dafür hier ein paar exemplarische Weine, denen wir besonderen Wert zuschreiben, der über das Kriterium »Geschmack« hinausgeht:

• sie wagen Charakter, weil sie biologisch auf lebendigen Böden angebaut, spontan vergoren und schonend mit viel Zeit auf der Feinhefe ausgebaut, also garantiert nicht auf geschmackliche Klischees getrimmt wurden.

• Sie spiegeln ihre Herkunft und ihren Jahrgang unverfälscht wider, schmecken also auf jeden Fall anders, als man es erwartet.

• Ihr geschmacklicher Mehrwert steckt vor allem in ihren lebendigen Böden, die ihre Beeren mit den notwendigen Nährstoffen so versorgen, daß sie von alleine, also natürlich wild, zu gären beginnen, und diese spontane Gärung auch von alleine so beenden, daß kein nennenswerter Restzucker übrigbleibt. Nur so entsteht ihr charakteristisch komplexes Mundgefühl, das über banalen »Geschmack« hinausgeht.

• Sie duften weniger »laut« und expressiv als sie schmecken. Mit banaler »Frucht« geben sich diese Weine nicht ab. Dafür fühlen sie sich im Mund nicht nur intensiver, sondern auch, obwohl knochentrocken, mundfüllend dicht, saftig und irgendwie weich an, ohne jenen bitteren Nachklang am Gaumen, der für mittels Reinzuchthefe vergorene Weine so typisch ist. 

• Jeder dieser Weine setzt in seiner Preisklasse Maßstäbe in Sachen »Preis-Genuß-Verhältnis«, weil er kompetent realisierte handwerkliche Qualität als physische Wirkung im Mundgefühl unmißverständlich nachvollziehbar macht. 

• Die Rotweine bestechen durch Leichtigkeit und Transparenz, ohne leicht zu sein, weil schonende Extraktion den Charakter ihrer Rebsorte und deren Beerenschale im Spiegel des Jahrgangseinflusses maximal respektiert und nicht mehr aus ihnen herauszulutschen versucht, als sie von Natur aus enthalten.

• Die Weißweine stehen in radikal nackiger Natürlichkeit für den Charakter ihrer Rebsorten ebenso, wie für den ihrer Herkunft. Dies manifestiert sich in einem Mundgefühl, das die Höhe der Erdauflage im Weinberg, die Stuktur des Unterbodens und die Höhe der Lage radikal unverfälscht widerspiegelt und so für unverwechselbare Stilistik und deutlich unterscheidbaren Charakter im Wein sorgt, frei vom Einfluß der Weinbereitung oder eines gewollten Geschmacksbildes, weit weg von den Klischees des Mainstreams.


Exemplarische Weine mit mehr Wert, als ihr Preis vermuten läßt


2020 »Csopak« Welschriesling, St. Donat, Balaton, Ungarn            12,00€     

Dieser an sich »einfache« Welschriesling hat es faustdick hinter den Ohren. Seine Reben stehen direkt am ungarischen Plattensee auf tiefgründig fruchtbaren vulkanischen Böden, die der kleine Familienbetrieb des jungen Meisterwinzers Tamás Kovacs zertifiziert biologisch bewirtschaftet. Sie sind es, die diesem fast schon unglaublich preiswerten Weißwein, im Zusammenspiel mit spontaner Vergärung und weitgehend schwefelfreiem Ausbau, den rauchig speckigen Charakter verleihen, der an guten Grauburgunder erinnert, ohne dessen oft etwas müde Schwere zu besitzen. Ein vibrierend lebendiger, mundwässernd saftiger Wein, dessen milde Säure in einem attraktiv frischen Mundgefühl agiert, das bemerkenswert hochwertig wirkt und ihn zum vielleicht universellsten Speisenbegleiter unseres Sortimentes macht. 

2020 Kadarka »Szekszárd«, Heimann & Fiai, Ungarn                        12,00 €  

Kadarka ist eine uralte rote Rebsorte, die in der südungarischen Region Szekszard zuhause ist. Weil dünnschalig, liefert sie strukturell leichte, ungewohnt hellfarbige Rotweine voller Frische und Zartheit. Wenn man sich mit ihr angefreundet hat, möchte man sie nicht mehr missen. Der junge Zoltan Heimann bewirtschaftet seine Reben biologisch, presst und extrahiert bewußt schonend, vergärt spontan auf der wilden Hefe und verzichtet auch sonst auf die Errungenschaften der modernen Önologie, um maximal ungeschminkte Rotweine wie diesen zu produzieren: Sein Kadarka wirkt seidig leicht in den Gerbstoffen, spült  frische Säure und zartkühle Konsistenz in den Mund und riecht und schmeckt in seiner herben Transparenz und dunkelwürzigen Duftigkeit unverwechselbar und einmalig »anders«. Sehr Preis wert.

2020 Rioja Maturana tinta »Ad Libitum«, Juan Carlos Sancha     14,00 €

Rioja ganz anders. Maturana tinta, eine lokale rote Rebsorte, die schon als ausgestorben galt, hier in einem raren reinsortigen Exemplar dieser spannenden Rebsorte. Ihr Wein verdankt seinen dunklen Charakter der Höhe, auf der seine Reben stehen: Auf 565 m Höhe reift die extrem dicke Beerenschale der Rebsorte durch gute Durchlüftung und hohe Sonneneinstrahlung nicht nur gesund ohne Krankheitsbefall aus, sie entwickelt hier auch besonders intensive dunkle Farbausbeute. Entsprechend dicht und kraftvoll entladen sich ihre samtigen Gerbstoffe auf die Zunge, die, von frischer Säure getragen, am Gaumen Größe, Länge und besonderen Trinkfluß entfalten. Im würzigen Duft grüner Pfeffer, reife schwarze Früchte, Kakao, Vanille und Zedernholz. Kraftvoll und dicht, hochenergetisch und anspruchsvoll schmackhaft.

2021 Rioja blanca »Fuente Leon«, Bodegas Ojuel                               14,00 €

Einst stand die Rioja für Weißwein. Hier entführt der junge Kultwinzer Miguel Martinez in die Vergangenheit seiner Rioja. Tempranillo Blanca und Garnacha Blanca, deren Reben auf 800 m Höhe in der Sierra de Moncalvillo stehen. Die Böden dort sind steinig und nur schwer zu bearbeiten. Miguel produziert hier in mühsamer Handarbeit diesen Wein, den wir in seiner ursprünglichen Ausstrahlung hinreißend finden. Ohne Technik auf fast schon archaische Weise umgesetzt. Aufregend unberührt wirkend als Naturwein, ohne Frucht, dafür intensiv würzig. Reife Früchte, Honig, weiße Blüten, trockene Kräuter. Aromatisch exotisch in Duft und Geschmack, rassig frisch in weicher, milder Säure, die den Wein zwar schlank macht, ihm aber Fülle und Volumen überläßt. Aufregend preiswert. Spannend hochwertig.

2020 Sanzon »Classic Furmint«, Sanzon Tokaj, Ungarn                   15,00 €

Furmint, die große weiße Rebsorte der berühmtesten Weinbauregion Ungarns: Tokaj. Die junge Weinmacherin Erika Racz bewirtschaftet ihre Böden biologisch. Sie sind hier extrem karg, denn die Erdauflage ist durch Erosion an dem steilen, nach Osten ausgerichteten Hang bis auf wenige Zentimeter abgewaschen, darunter liegt vulkanisches Gestein. Deshalb wirkt ihr Furmint so rasierklingenscharf in Präzision und Stilistik, daß man sich an sein karges Mundgefühl erst gewöhnen muß. Ganztraubengepresst, spontan vergoren, in Fässern aus ungarischer Eiche ausgebaut, 6 Monate auf der Hefe gereift. Salzig stahlige, ultrapräzise Mineralität. Schlank und lang am Gaumen, kristallin und frisch wie ein Gebirgsbach - also buchstäblich trinkfreudig und seinen Preis mehr als wert.

2021 »Lilith« rouge IGP Cévennes, Mas Seren, Languedoc             16,00 €

Ein besonderer Rotwein. Schon der erste Schluck sitzt. Sanft und dicht schwebt der Wein über die Zunge, bedeckt sie, hüllt sie ein in ein wohltuend samtiges, fruchterfülltes, sinnlich spürbares Mundgefühl. Für die wohlige Physis sorgen die Rebsorten Cinsault und Grenache je zur Hälfte. Cinsault ist eine der großen roten Rebsorten des französischen Südens. Ihre 60 alte Jahre Reben in Emmanuelle Schochs Weinberg sorgen zusammen mit der Grenache für tiefdunkle, spannend griffige Würze in raffiniert dichter Gerbstoffstruktur. Ruhe und Harmonie in einem sehr persönlichen Rotwein, der die Ambivalenz seiner Rebsorten spürbar macht: da trifft die warme, voluminöse Grenache auf die intellektuell kühle Cinsault. Samtige Kraftentfaltung in sinnlicher Fülle. Bemerkenswertes Rotwein-Erlebnis fürs Geld.

2021 «Montesecondo« Sangiovese IGT, Montesecondo, Toskana    17,00 €

Montesecondo. Reine Sangiovese. So natürlich und ungeschminkt wie möglich. In großen traditionellen Zementtanks mit nur minimaler Schwefelung, ohne Schönung und ohne Zusätze moderner Önologie, spontan vergoren, lange auf der Feinhefe gereift. So kommt die tiefgründige Würze der Rebsorte zur Geltung, die hier in animierend lebendiger weil mundwässernd spröder Gerbstoffstruktur agiert, wie sie hochwertige Sangiovese nur aus biologischem An- und maximal natürlichem Ausbau zu entfalten versteht. Silvio Messana produziert ursprünglich feine Sangiovese, wie sie in der Toskana kaum noch zu finden ist. Ohne Zusatz von Cabernet, Syrah, Malbec oder Petit Verdot erinnert sie eher an Burgund, denn an Bordeaux. Belebend natürlich und frisch im Trunk und so ursprünglich deftig wie herzhaft trinkfröhlich.

2020 »Les Fous« Gewürztraminer trocken, Leon Boesch, Elsaß      17,00 €

»Les Fous«, die Verrückten. Ein knochentrockener Gewürztraminer, der alle Vorurteile gegenüber der Rebsorte mit dem ersten Schluck beiseite fegt. Macht Lust auf den nächsten Schluck. War einer der ersten trockenen Gewürztraminer im Elsaß, der prompt für Ärger sorgte. Doch Marie und Matthieu Boesch verfügen über beste Lagen für die uralte Rebsorte und können ihren »Verrückten« in großen alten Holzfässern spontan vergären, ohne Eingriffe, ohne Temperaturkontrolle, mit nur minimalem Schwefel. Naturwein im besten Sinne. Im würzigen Duft zurückhaltend. Rose, Aprikose, Quitte und Vanille. Im Mund weich, frisch, trocken und pikant würzig mit viel Raum für Asiens Küchen-Aromen. Verträgt Schärfe wie kein anderer und ist die Idealbesetzung zu kräftigen Rohmilchkäsen wie dem regionalen Munster. Weinwert exemplarisch.

2019 »Magma« Kekfrankos, St. Donat Winery, Balaton, Ungarn     20,00 €

Blaufränkisch aus der Region Balaton im Herzen Westungarns, die sich um einen der größten Seen Europas erstreckt, den Plattensee, ungarisch Balaton. Das besondere Mikroklima dort und die mineralischen Vulkan-Böden machen sie zu einer der besten Weinregionen Ungarns. Sankt Donat produziert dort Weine im Sinne der Naturweinbewegung. Der junge Tamás Kovács setzt auf schonende Extraktion, spontane Gärung und eine Weinbereitung, die auf Interventionen verzichtet. Sein »Magma« ist tiefdunkel, fast schwarz in der Farbe; im Duft tiefgründig würzig mit Anklängen an Graphit, frisch gespitzten Bleistift, Lorbeerblätter und Wacholderbeeren. Im Mund salzige Mineralität, griffig pikant und würzig in unaufdringlich frischer Säure. Ein überzeugend gelungenes Meisterwerk in Sachen Blaufränkisch. Ungarns Zukunft. 

2020 Saumur rouge, Domaine Guiberteau, Loire                                    20,00 €

Romain Guiberteau steht für grandiose Weißweine. Seine Chenin Blancs aus Saumur sind nicht umsonst Legende in Frankreichs Weinszene. In den letzten Jahren hat er sich zusammen mit seinem Freund Brandon Stater-West intensiv seinen Rotweinen aus der Rebsorte Cabernet Franc gewidmet. Nun stehen auch sie, ganz im Sinne seiner Lehrmeister, der Brüder Foucault von »Clos Rougeard«,  an der Spitze der Appellation. Hier sein Basis-Saumur. Kräuterwürzig kühl im Duft, mit einem Hauch Veilchen und schwarzer Johannisbeere. Im Mund körnig präsent in den Gerbstoffen, die in kühlem Samt den Mund auskleiden und ankündigen, was sie nach ein paar Jahren der Reife erwarten lassen: Dichte Finesse und kompakte Eleganz statt schierer Kraftentfaltung; raffiniert kühle Wirkung in samtig fülliger Transparenz. Große Klasse von der Loire.      

2020 »Volumnia« Rosso del Frusinate IGT. D.S. bio, Latium                21,00 €

»Lecinaro«, eine uralte, vom Aussterben bedrohte rote Rebsorte des Latiums, wächst hier, im Hinterland Roms, in alpiner Umgebung zusammen mit »Sangiovese« und der raren »Uva Giulia« in vitikultureller Gemeinschaft mit uralten Oliven- und Obstbäumen über viele Meter an diesen entlang. Viele kleine Parzellen an terrassierten Hängen. Archaische Kulturlandschaft. Die wurzelechten (also nicht auf amerikanische Unterlagen aufgepfropften) Ur-Reben haben noch nie eine Maschine gesehen. Strotzt deshalb Volumnia vor urwüchsig tiefgründiger Frucht und Mineralität? Aufregend natürlich und ätherisch wild sein Duft nach roten Beeren und Rosenblättern; belebend agil seine feine Säure, die seine herben Gerbstoffe filigran über die Zunge zieht. Mundwässernd die animierende Transparenz, die ihn als höchst originellen Naturwein unbekannt hochwertig prägt.

2018 Gamay Noir »Dry Creek Valley«, Duxoup, Kalifornien                 23,00 €

Gamay in einer Genetik, die in Europa seit der Reblauskatastrophe Ende des 19. Jahrhunderts ausgestorben ist. Deshalb fällt dieser Gamay gänzlich anders aus als bei uns. Duxoup Wine Works, das kleinste Weingut Kaliforniens, produziert Gamay seit seiner Gründung im Jahr 1981. Die Reben stehen auf nur 0,25 Hektar im Dry Creek Valley im nördlichen Sonoma und lieferten 2018 nur 1.164 Flaschen Wein. Bei Andy und Deborah Cutter fällt die Rebsorte tiefgründig dunkelfarbig aus. Wie bei uns früher. Saftig in der Frucht, kraftvoll samtig füllt der Wein den Mund, frisch und kühl in der Wirkung, mit frisch vermahlenem schwarzen Pfeffer im Bukett, Holunderbeeren, Gewürznelken und einem Hauch Bittermandel. Wohltuend samtig kleidet belebend raue Wirkung den Mund aus, wie Wolle auf Seide. Ursprünglich und natürlich im Charakter, trügt kein schnöder Schein das fröhliche Sein. Macht richtig Spaß und ist den Cent mehr als wert.

2019 Chardonnay »PM Staiger« Santa Cruz Mountain, Model Farm   44,00 €

Nicht billig, im Vergleich mit Burgund und so manch anderem seinen Preis aber mehr als wert. Chardonnay, wie man ihn aus Kalifornien kaum erwartet. Früh gelesen, von einer der kühlsten Lage in den Santa Cruz Mountains, hoch über dem Pazifik. »P-M Staiger« wurde 1973 wurzelecht mit dem legendären Wente-Klon bepflanzt, der für seine intensiv gelbfruchtigen Aromen bekannt ist, die auch diesen Chardonnay so sehnsüchtig reif durchziehen, ohne ihn schwer, weich oder mollig zu machen. Die kühle Lage, die Biobewirtschaftung und das kleinbeerig wurzelechte Pflanzmaterial sorgen für minimale Erträge, die enorm dichte Physis im Mund und eindruckvolle Intensität in Duft und Geschmack zur Folge haben. Raffiniert kühler Duft nach frischer Orangenschale, Kamille, Jasminblüte und würzigem Honig. Prägnant salzige Mineralität in rassiger Frische, die an Limone und reife Ananas erinnert. Puristisch großer Chardonnay, der Burgund kompromitiert.