
Im Trend: Rosé
Rosé boomt weltweit ...
... weil ihm Filmsternchen und andere Promis öffentlichkeitswirksam das Wort reden. So hören selbst banale französische Marken-Rosés neuerdings auf Namen wie »Whispering Angel«, »Simply« oder »Aix«. Was in der Auto-Werbung wirkt, funktioniert auch hier: Der Worte Glanz und des Marketings Gloria statt Charakter, Stil und Qualität.
Er ist zum wohlfeilen Klischee verkommen, der Rosé, geopfert auf dem Altar des allseits besungenen »Premium-Trends«: Kitschig laut in der »Frucht« nach Gletscherbonbons mit pflegeleichten Himbeer- und Erdbeer-Noten und einer betont lachsfarbenen Tönung, die nicht der Natur, sondern den Enzymen moderner Kellertechnik zu verdanken ist. Damit der Rubel rollt, muß er immer gleich schmecken und auch so aussehen.
Schließlich liefert kein anderer Wein so zuverlässig so hohe Rendite, wie das Klischee des Rosés: Im September geerntet, im Sommer des Jahres darauf getrunken. Kein Wunder also, daß er durch »Premium-Industrialisierung« zum schnellst wachsenden Segment im internationalen Wein-Business wurde ....
Guter Rosé ...
will weit mehr sein als nur das eiskalt servierte Erfrischungsgetränk für die heißen Tagen des Jahres. Jedes Jahr verleiht ihm eine andere Farbtönung, weil die Natur die Saftausbeute seiner Beeren und deren Schalendicke bestimmt, und so fällt er in Duft und Geschmack so anspruchs- und charaktervoll aus, daß er mehr als nur simpel »fruchtig« ins Glas kommt.
Guter Rosé besitzt eine Frucht, die raffiniert eingebunden ist in eine an Sommerkräuter und den flirrenden Duft sommerlich heißer Tage im Süden erinnernde Aromatik.
Weltweit sorgt die Klimakrise durch Trockenheit in den Böden für sinkende Erträge durch kleiner werdende Beeren mit weniger Saftausbeute. Dies macht die Arbeit im Weinberg aufwendiger und die Weinbereitung fordernder. Deshalb zeigen sich heute anspruchsvolle Rosés komplexer und tiefgründiger in Stil und Charakter als noch vor wenigen Jahren. Sie vereinen als eigenständige Kulturform harmonisch und doch prägnant den Duft und die mineralische Transparenz eines anspruchsvollen Weißweines mit dem herben Reiz der Physis der Gerbstoffe eines guten Rotweines.
Reduktiv: Die Frucht der Technik
In den letzten zehn Jahren hat man Rosé durch neue Pressen, temperaturkontrollierte Gärung im Edelstahltank und kalte Vergärung mittels Enzymen und Reinzuchthefen hell und brillant klar in der Farbe gemacht und laut und intensiv im Duft. Gezielt wurde er auf jene weinfremde »Frucht« getrimmt, deren beliebte Erdbeeraromen noch heute als Inbegriff typischen Rosés gelten.
Man erzielt diese entfernt an Sauvignon Blanc erinnernden Aromen mittels spezieller, in sauerstoffarmer Umgebung bei kalten Gärtemperaturen thiolverstärkender Reinzuchthefen. Noch heute bestehen die meisten konventionell wirtschaftenden Rosé-Winzer darauf, ihre Rosés so zu produzieren. Dazu unterbinden sie im Stahltank reduktiv den Kontakt mit Sauerstoff während der gesamten Weinbereitung, um so intensive laute Frucht zu erzielen. Nachdem das jeder kann und macht, der über die entsprechende Technik verfügt, hat sich der reduktive Rosé weltweit in eine stilistische Sackgasse manövriert, aus der nur schwer herauszukommen ist, weil sich die Kundschaft an diesen Stil so gewöhnt hat, daß sie ihn liebt, sucht und für typisch hält.
Oxidativ: Die Würze des Handwerks
Um dem Stil-Diktat zu entkommen, verleihen immer mehr engagierte Winzerinnen und Winzer ihren Rosés durch spontane Gärung und lange Hefereife im Holzfass, also durch oxidative Weinbereitung mit gezieltem Sauerstoffkontakt, eine Komplexität in Aroma und Mundgefühl, die das bewusste Gegenteil der oben beschriebenen reduktiven Weinbereitung ist.
Ihre Weine wirken aromatisch nicht laut und besitzen keine aufdringliche »Frucht«. Ihr vielschichtiger und tiefgründiger Duft erinnert an sommerlich reife Kräuterwürze und verströmt breite, reife Beerenaromatik. Ihre Rosés beherrschen die so schwierige Balance von Frucht zu Gerbstoff und verdanken ihre kernige Individualität dem Verzicht auf Schönung, Schwefel und Filtration ebenso, wie niedrigen Erträgen aus regenerativem Anbau. All dies verleiht ihnen neben herb trockener Struktur im Mundgefühl auch eine mundwässernd tiefgründig frische Würze, die ganz anders wirkt als die ihrer reduktiven Gegenstücke. Diese Rosés sind nichts für jedermann. Dazu sind sie zu anspruchsvoll strukturiert, sie fallen oft auch dunkler aus in der Farbtönung und reifen über viele Jahre. Sie lassen sich zu entsprechend anspruchsvoll aromatischer Küche aber vortrefflich kombinieren.
Wie Rosé entsteht und warum er jedes Jahr anders ausfällt
Rosé keltert man aus blauen Beeren. Deren Saft ist weiß. In deren Schalen aber stecken die Pigmente jener Farbstoffe, den sogenannten Anthocyanen, die ihre Beeren vor Sonne, Verdunstung und Schädlingen schützen. Sie enthalten wertvolle Antioxidantien, Polyphenole, deren Polymer-Ketten man im Rotwein auf der Zunge als herbe, ledrige Konsistenz der Gerbstoffe, des sogenannten Tannins, physisch fühlen kann. Die Farbstoffpigmente und Gerbstoffe schützen Most und Wein nicht nur vor Oxidation, sie verleihen dem Rotwein auch seine Farbe.
Zur Rosé-Herstellung »lutscht« man diese Phenole während der sogenannten »Extraktion« aus den Schalen angequetschter roter Beeren aus. Dabei entsteht eine kleine Menge weißen Traubensaftes, der sofort zu gären beginnt. Dabei setzt er zunehmend Zucker in Alkohol um, der in der Folge aus den Beerenschalen jene gewünschte Farbintensität und jenen angestrebten Gehalt an herber Gerbstoff-Pysis extrahiert, die der Winzer dem Jahrgang aus dem Verhältnis von Schale zu Saft der Beere zuschreibt. Winzerkunst.
In einem heißen, trockenen Jahrgang sind die Beeren klein, ihre Schalen dick, die Saftausbeute gering, der Zucker hoch, die Säure niedrig. Die Farbausbeute des entstehenden Rosés fällt entsprechend intensiv aus.
In einem kühlen, feuchten Jahr mit guter Wasserversorgung fallen die Beeren größer aus, sie haben dünnere Schalen, die Saftausbeute ist höher, weshalb die Farbausbeute des entstehenden Rosés eher heller ausfällt, bei weniger Zucker und höherer Säure. Der besondere Reiz guten Rosés, mit dem die Natur die Winzer jedes Jahr aufs Neue konfrontiert.

N° 1: Saignée (Ausbluten des Mostes)
Unten im Bild die typische Farbe eines Saignée-Rosés. Er fällt farblich dunkler aus als ein Rosé aus Direktpressung und liegt auch im Alkoholgehalt höher, weil er der Abzug jenes Saftes ist (»Saignée«), der während der Herstellung von Rotwein durch die Gärung entsprechend reif geernteter Trauben entsteht.
Um Rotwein auf natürliche Weise konzentrierter und dichter schmecken zu lassen, zieht man während der Maischegärung, also während der Extraktion der Beerenschalen auf dem gärenden Most, eine gewisse Menge dieses Mostes ab, meist sind das zwischen 10 und 30%. Das macht man zu einem Zeitpunkt, an dem der abgezogene Saft roséfarben ausfällt. Man erkennt solche Rosés am meist höheren Alkoholgehalt und einer je nach Rebsorte unterschiedlich ausfallenden, stets aber dunkleren, intensiveren Farbtönung. Im Mundgefühl besitzen sie dichte, herbe Gerbstoff-Substanz, die guten Saignée-Rosés eine ganz eigene Wirkung verleiht und damit auch ganz eigene Einsatzmöglichkeiten eröffnet. Es sind meist kraftvoll den Mund füllende, dichte, aromatisch würzige Rosés.
N° 2: Direktpressung
Unten im Bild die charakteristisch zarte Farbe eines Rosés aus Direktpressung. Die berühmten südfranzösischen Rosés, denen man nachsagt, die feinsten der Welt zu sein, entstammen immer Direkt- oder Ganztraubenpressung.
Diese Rosés entstehen direkt in der hydraulischen Presse. Dazu erntet man die Trauben für niedrigeren Alkohol und frische Säure früher als für die Rotweinherstellung. Sie kommen mit Stiel und Stängel in die Presse, werden dort leicht angequetscht, damit Saft austritt, der dann als zunehmend zu gären beginnender Most die Farb- und Gerbstoffe aus den Schalen der roten Beeren »auszulutschen«, also zu extrahieren beginnt. Ist die gewünschte Farb- und Gerbstoffausbeute erreicht, trennt man durch Abpressen den Most von den Schalen und vergärt ihn anschließend im Tank wie Weißwein. Solche Direktpressungs-Rosés erkennt man ihrer meist zart wirkenden Wildlachsfarbe, einem nur dezent herben Geschmack mit kaum spürbaren Gerbstoffen und einem eher fruchtigen als würzigen Duft.


Die Unkomplizierten. Erfüllen ihren Preis fröhlich mit Vergnügen
Sie stammen sowohl aus »Direktpressung« als auch aus dem Ausbluten des Mostes während der Rotwein-Extraktion, sind frisch, duftig und erfrischen köstlich, sind ein Plaisir für Auge, Mund und Nase und ihren Preis so wert, daß Sie staunen werden. Rosés für jeden Tag und jeden Anlaß. No matter what ....sie schmecken übrigens auch noch im zweiten Jahr nach der Ernte. Dann harmonieren sie besonders zu winterlichem Fisch, aber auch zu sommerlich deftiger Küche, die in reifen Aromen schwelgt. Vor allem zu Tomaten aller Art sind sie dann der Knaller.
Die Mundfüllenden. Mehr Kraft, mehr Farbe, mehr Struktur.
Rosés, wie sie die sonnen- und hitzeerprobten Südländer lieben. Saft und Kraft zu den intensiven Aromen des Südens. Ob als Rotling / Claret (also als Mischung aus Rot- und Weißwein) oder aus oben beschriebenem Saignée - im Sommer schmeckt Gemüse intensiver, weil es reif geerntet werden kann; deshalb haben diese Rosés mehr Charakter, sind saftig im Mundgefühl ohne schwer zu sein, erfrischen auf ganz eigene Art und Weise mit sommerlich würziger Fülle an Aromen und präsent herben Gerbstoffen. Sie sind nichts für Leichtwein-Schlucker und »Frucht«-Trinker, doch zu diesen Rosés können Sie in der Küche aus dem Vollen schöpfen.