Gutedel ist erstaunlich weit in der Welt verbreitet und kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Ihr Ursprung scheint nicht geklärt, doch hat jede Weinbaunation ihre eigene Historie parat. Immerhin kann im Schweizer Wallis, wo sie als Fendant erstaunliches Niveau erreichen kann, in klösterlichen Urkunden ihr Anbau bis ins 16. Jh zurückverfolgt werden.
Echte Größe erreicht Gutedel=Chasselas nur in der Schweiz. Dort wird die Veredelungsunterlage sorgfältig gewählt, um ihrer Neigung zu hohen Erträgen, frühem Austrieb und großer Wüchsigkeit entgegenzuwirken. Auf der Waadtländer Seite des Genfer Sees, im Crepy und Lavaux, kann Chasselas sogar auf eine lange Geschichte zurückblicken. Hier gewinnt er rund um den Ort Dezaley ungeahnte Konzentration und eine aromatische Komplexität, die man von dieser Rebsorte ansonsten nicht gewohnt ist, geschweige denn, daß man sie irgendwo sonst auf der Welt so finden würde. Jung wirkt ein Chasselas aus Dezaley oder Calamin fast neutral. Doch mit zunehmendem Flaschenlager kommen feine Honigaromen durch und auf faszinierende Weise legt der Wein an Körper und Ausstrahlung zu. Dann kann reife Chasselas aus Dezaley durchaus an reifen Grünen Veltliner erinnern.
In Frankreich ist die Rebsorte als Chasselas Doré die verbreitetste Speisetraube. Im Elsaß verschwindet sie in unbedeutenden Markenweinen oder im Edelzwicker, der in deutschen Supermärkten verramscht wird. Auch in Italien, Österreich, Nordafrika, Chile, Rumänien, Ungarn und Deutschland wird Chasselas angebaut, nie hat es diese Rebsorte aber verstanden, ein eigenständiges Profil zu entwickeln. In Deutschland erfährt sie speziell im Badischen als Gutedel immerhin lokale Beachtung; hier bemühen sich einige Winzer um derart hochwertige Qualität, daß ein ‚Export’ aus dem Badischen zur Bereicherung der Rebsortenpalette durchaus Sinn macht.