Malvasia. Eine der großen alten, faszinierend vielfältigen Rebsorten der Weingeschichte mit unübersichtlich vielen Synonymen, die zum Teil falsch verwendet werden.
Malvasia ist auf jeden Fall antiken bzw. griechischen Ursprungs. Vermutlich stammt der Name Malvasia von Monemvasia ab, jenem südgriechischen Hafen, der im Mittelalter ein hochfrequentierter Umschlagplatz für die beliebten Süßweine aus Kreta (früher »Candia«) war, weshalb eine populäre Varietät der Rebsorte auch heute noch »Malvasia di Candia« heißt. In der Blütezeit der venezianischen Republik war die Rebsorte derart beliebt, daß die Weinläden Venedigs »Malvasie« genannt wurden; man darf raten, was sie verkauften . . .
Malvasia wird, wie die ihr ähnliche und nicht minder alte Rebsorte Muskateller, in zahlreichen Varianten auf der ganzen Welt kultiviert, sie ist sogar erstaunlich weit verbreitet. Nach ihrer Anbaufläche steht sie unter den 15 bis 20 meist angebauten weißen Rebsorten der Welt. In Italien ist sie nach wie vor eine der meistangebauten weißen Rebsorten überhaupt. Es gibt sie von den liparischen Inseln südlich von Sizilien über die Basilikata bis ins Piemont und ins Friaul, ja sogar in Südtirol gab es sie als Malvasia Nera in rot. Den mit Abstand feinsten trockenen weißen Malvasia gibt es im Friaul. Sie wird dort als Malvasia Istriana kultiviert und soll durch venezianische Seefahrer dorthin gebracht worden sein. Im Friaul kann sie, je nach Weinbereitung, jene aromatische Persistenz entwickeln, die an ihre süßen Verwandten aus Süditalien oder Frankreich erinnert, hier aber im trockenen Ausbau.
Das Problem der Rebsorte ist ihre Anfälligkeit gegenüber Oxidation. Sie verhindert man z. B. im südlichen Friaul in der Gegend von Triest, im sogenannten Karst (Carso), durch entsprechend lange Einmaischung der Trauben. Dadurch werden Antioxidantien aus den Traubenschalen ausgelöst, die den Weinen bessere Haltbarkeit, mehr Geschmack und Körper, sowie verbesserte Stabilität und Entwicklungsfähigkeit vermitteln.
Hier, im äußersten Osten Italiens, spürt man bereits den Einfluß des östlichen Weinbaus. Friaul liegt an der Grenze zwischen West und Ost. In Georgien am schwarzen Meer baut man noch heute Wein ganz traditionell in tönernen Amphoren aus. Dazu maischt man die Trauben mit Stil und Stengel je nach Region unterschiedlich lange ein und baut sie dann zum Teil über viele Jahre in diesen Amphoren aus. Ihre Haltbarkeit beziehen diese Weine stets aus Schwefelung, aber eben auch aus den Antioxidantien der Einmaischung, ein typisches Element traditionell östlichen Weinbaus.
Friaul hat sich als Gegenbewegung zur extremen Hochtechnisierung, die, nach dem verheerenden Erdbeben von 1976, das die Region übel traf, in den achtziger Jahren durch hochsubventionierten Wiederaufbau zu zwar äußerst populären, aber gruselig anonymen, kalten Technikweinen führte, in den letzten zwanzig Jahren den alten Traditionen des Ostens wieder geöffnet. Es praktiziert sie heute auf unterschiedlichste Weise, vom Amphorenausbau bis zur mehrmonatigen Maischestandzeit, und wurde so auf der Basis alter östlicher Traditionen zur Wiege der heute so aktuellen »Naturweine« oder »Orange wines«.