Traubensaftkonzentrat | »Mega Purple« & Derivate


Ein heißes Thema in der Weinherstellung. Es ist weit verbreitet, aber man redet nicht darüber, weil es eine nicht nur farb- sondern auch geschmacksverändernde Manipulation im Wein ist, die dem Betrug am Kunden dient. 

Es dürfte keinen Rotweintrinker auf der Welt geben, der das Zeug noch nicht auf der Zunge hatte. Traubensaftkonzentrate kommen inzwischen so reichlich zum Einsatz, dass sie die Erwartungen der Weintrinker*innen an Rotwein so nachhaltig beeinflußt und verändert haben, dass diese einen Rotwein mit »echter« natürlicher Farbe und »echtem« Bukett nicht mehr verstehen. Das liegt daran, daß unmanipulierter Rotwein immer die seiner Farbe physikalisch entsprechende Gerbstoffdichte und -struktur besitzt. Farbmanipulierte Rotweine sind zwar »samtig weich, rund und süß und schön dunkelfarbig«, sie erfüllen die Vorstellungen ihrer Käufer vom Rotwein also treffsicher, ihnen fehlen aber grundsätzlich die ihrer Farbe entsprechenden Gerbstoffe, die in seriösem Rotwein aus den reifen Beerenschalen extrahiert werden. Es ist deren physikalische Wirkung auf der Zunge, die Weintrinker, die farbmanipulierten »Rotwein« für Rotwein halten, so verstört, daß sie authentisch roten Wein nicht mehr verstehen und wertschätzen können. Infantilisierung des Geschmacks durch industrielle Manipulation.  

Am umstrittensten ist diesbezüglich das kalifornische »Mega Purple«, das in Italien »Rossissimo« heißt und nicht nur dort, sondern überall auf der Welt, wo Rotwein »aufgewertet« werden soll (oder muß), Verwendung im Verborgenen findet. Es verleiht Rotweinen tiefdunkle Farbe, das typisch »fruchtige« Aroma von Brombeermarmelade und einen Hauch von Süße. 

Man gewinnt Traubensaftkonzentrate, wie der Name schon sagt, durch Konzentration unvergorenen Traubensaftes, in dem man diesen im Vakuum erhitzt, wodurch der Siedepunkt auf eine Temperatur gesenkt wird, bei der die Aromen nicht verkochen und die Farbpigmente nicht oxidieren. Man gibt solche Mostkonzentrate schließlich Weinen zu, die durchgegoren und so gut wie füllfertig sind

Da die Industrie weiß, daß der gemeine Rotweintrinker roten Wein im Glas haben will, können Sie davon ausgehen, daß alle kommerziellen Rotweine unter einer bestimmten Preisschwelle in der Farbe manipuliert sind. Sie schmecken dem gemeinen Volk, weil sie danach 4-5 g/Liter Restzucker aufweisen, die ausschließlich von der Zugabe eines solchen Konzentrates stammen. 

Der beliebteste und meistverkaufte Rotwein der Deutschen, ein Primitivo aus höchst zweifelhafter Quelle, weist einen Restzuckergehalt von 16 g/l auf! Trotzdem steht nicht auf dem Etikett, daß der Wein süß ist. Dazu hat man ganz einfach die Appellationsstatuten so geändert, daß apulischer Primitivo (und nicht nur er) bis zu 18 g/l Restzucker enthalten darf, seinen Zuckergehalt also nicht auf dem Etikett aufweisen muß. 
Wo kommt der Zucker wohl her? 
Zucker rundet das Geschmacksgefühl ab und trägt zur Wahrnehmung von Fruchtigkeit bei. Er maskiert schlechte Tannine aus katastrophalem Weinbau und Maschinenernte und überdeckt die grünen, unreifen Aromen schlechten Lesegutes. So ein Konzentrat enthält typischerweise 680 g/l Zucker, ist zähflüssig und intensiv süß. Verbraucherbetrug, in diesem speziellen Fall  von Staats wegen. 

»Mega Purple« und seine diversen Derivate werden vor allem zur Intensivierung der Farbe eingesetzt. Es sind spezielle Traubensaftkonzentrate, die aus Teinturier-Sorten, also rotfleischigen Rebsorten, gewonnen werden. Diese sorgen für, siehe das Bild links, enorm intensive Farbdichte. Solche Farbkonzentrate sind teuer. Ein Liter kostet etwa 40.- Euro. Man braucht aber nur sehr wenig davon. Typische Zugaben liegen zwischen 0,2 und 0,8 %.

Wer jetzt glaubt, daß solche Farbkonzentrate nur billigen Weinen zugesetzt werden, irrt. Gerade teure und sehr teure Weine, werden gerne damit »behandelt«, um die doch sehr engen Erwartungshaltungen, die Kunden an »Rotwein« haben, die sich Flaschen für 100,-, 200,- und mehr Euro leisten können, zuverlässig erfüllen zu können. Man wird diesbezüglich also an den beiden Enden des Marktes betrogen, weil man gerade dort die Erwartungshaltung der Käufer nicht nur genau kennt, sondern auch möglichst sicher treffen will, um das Zeug verkaufen zu können.

Solche Farb-Konzentrate dürfen dem Wein zugesetzt werden, ohne dies deklarieren zu müssen. Sie sind zwar nahezu geschmacksneutral, man kann sie als geübter Verkoster aber mühelos in ihrer aromatischen Beeinflussung (Brombeer-Marmelade, spürbare Süße im Duft etc...) herausfinden. Viele Winzer, vor allem aber die üblichen undurchschaubaren Firmenkonglomerate der Weinindustrie auf der ganzen Welt, setzen diese Konzentrate üppig ein, weil der globale (meist männliche) Verbraucher glaubt, daß dunkelfarbiger Wein der bessere sei und dunkle Früchte hochwertiger riechen als rote, weshalb ein Primitivo, der Deutschen liebster Rotwein, der keine »anständige« Farbe ins Glas bringt und nicht schön »fruchtig« riecht, kaum verkäuflich ist. 

Und auch hier kommt die Klimakrise ins Spiel. Überall auf der Welt stellen vor allem konventionell wirtschaftende Winzer und Traubenlieferanten immer kürzer werdende Vegetationsperioden fest. Ihre Erntezeitpunkte verschieben sich nach vorne. Dadurch reifen ihre Trauben zwar im Zucker aus, nicht aber aromatisch und schon gar nicht phenolisch. Deshalb nimmt die Farbdichte ihrer Rotweine ab, weil die farbgebenden Anthocyane, die an den Gerbstoffketten hängen, die man aus den Beerenschalen lutscht, nicht mehr vollständig ausreifen. Unbestritten ist, daß Winzer, die ihren Rotweinen nicht die der Gerbstoffstruktur ihrer Rebsorten entsprechende Farbe vermitteln können (die miteinander physikalisch direkt über die Dicke und Struktur der Beerenschale korrespondieren), weinbaulich Grundlegendes falsch machen. Deshalb müssen Industrie und Betriebe, die auf billigen Rotwein setzen, zum dunklen Ritter greifen, der ihre traurigen Weine dann eben doch noch verkäuflich macht.

Zu gerne würden wir »Mega Purple« und seine konzentrierten Derivate in unserer Deklaration ausweisen. Doch zum Glück haben wir, das verdanken wir dem Einfluss der Naturweinbewegung auf unsere Winzerinnen und Winzer, keine entsprechend »fruchtigen« Weine im Sortiment, deren tiefdunkle Farbe derartigen Zusatzstoffen zu verdanken wäre.

® K&U