Reinzuchthefe


Auf den Schalen der Beeren können je nach Jahrgang mehr oder weniger zahlreich natürliche Hefepilz-Populationen in bunter Vielfalt nachgewiesen werden. 6000 Jahre lang vergor man mit ihnen den Saft der Beeren zu Wein. Dann führte in den 1960er/70er Jahren der intensive Einsatz synthetischen Kali-Phosphat-Düngers zu drastischer Steigerung der Erträge, mit der Konsequenz immer dünner werdender Beerenhäute, die ihren natürlichen Abwehrschutz gegenüber Schädlings- und Pilzbefall einbüßten. Für Abhilfe sorgten damals entwickelte synthetische Insektizide und Fungizide (Anti-Pilz-Mittel), die weitgehend unkontrolliert zum Einsatz kamen. Prompt goren die Moste im Keller nicht mehr. Die Anti-Pilz-Mittel hatten auch die natürlichen Hefepilz-Populationen auf den Beeren vernichtet. Aus im Dritten Reich für die Produktion von Obstweinen entwickelten Reinzucht-Hefestämmen entwickelte man in der Folge eine Vielzahl spezieller synthetisch produzierter Reinzucht-Hefen, die unterschiedlichste Anforderungen erfüllten. Heute gibt es eine Vielzahl dieser, wie der Name sagt, aus einem speziell gezüchteten Stamm bestehende Hefen, die ob der intensiven Spritzmittelkontamination im konventionellen Anbau den Stil und Charakter moderner Weine prägen und dominieren. 
Bei den Reinzuchthefen handelt es sich um speziell gezüchtete Hefestämme, die jeweils für bestimmte Rebsorten oder Weinstile vorgesehen sind und dementsprechend die Aromaausprägung beeinflussen. Das Angebot besteht aus einer Vielzahl verschiedener Hefearten. Durch deren Zugabe wird die Gärung manipuliert, indem der Startzeitpunkt und der dominierende Hefestamm vorgegeben werden, was eine natürliche Entwicklung des Weines verhindert. Das heißt, es entstehen nicht die vielfältigen Aromastoffe und Gärnebenprodukte, die eine sogenannte Spontangärung (Vergärung mit den traubeneigenen Hefen) entwickeln würde, sondern ein Wein mit uniformem Aromabukett, das vor dem Ausbau schon vorprogrammiert ist. Individualität und Ausdruck des Bodens, also der Herkunftscharakter, und damit die Komplexität und das Mundgefühl gehen hier völlig verloren. Erschreckend dabei ist, dass genau dieses uniforme Aroma aber von vielen Großproduzenten der Weinindustrie gewollt ist, um ihren Kunden einen konstanten Geschmack über die Jahrgänge hinweg zu garantieren. 
Setzt man sich aber mehr mit Wein auseinander, anstatt nur nach einem hübschen Etikett im Supermarkt-Regal zu greifen, kann man schnell herausfinden, dass eben gerade auch diese Jahrgangsunterschiede sowie andere Einflüsse durch Winzer, Boden und Ausbau (vgl. Terroir) den Wein interessant komplex machen.
Präferiert man also lieber ein uniformes, flaches Geschmacksmuster oder ein individuelles, spannendes Weinerlebnis?
Der Grund, warum Reinzuchthefen überhaupt nötig sind, liegt in den Weinbergsböden der modernen Weinindustrie. Wo mit Spritzmitteln und Unkrautvernichtern die Böden zerstört werden, sodass kaum noch Nährstoffe und Biodiversität vorhanden sind, ist auch keine gesunde Hefeflora auf den mangelernährten Trauben vorhanden. Damit fehlt dem Traubenmost die Basis, um eine natürliche, sogenannte Spontangärung, durchzuführen. Im Weinkeller werden dann die Fehler und Mängel aus dem Weinberg repariert und ausgebessert mit allerlei Hilfsmitteln, die die moderne Kellertechnik bietet – darunter auch die Reinzuchthefen, die für eine sichere und schnelle Gärung sorgen sollen.

Was die Problematik vergrößert ist der Aspekt, dass der Hefetrub, der Heferückstand nach der abgeschlossenen Gärung, häufig als Dünger in die Weinberge zurückgebracht wird. Dadurch werden dann die Stämme der Reinzuchthefen in den Weinbergen verbreitet und zerstören zusätzlich die natürliche Hefeflora. Ein Teufelskreis…

Übrigens sind Reinzuchthefen leider sogar für Bio-Weine Reinzuchthefen zugelassen. Wir bei K&U sprechen daher vorher mit den Winzern, dessen Weine wir unseren Kunden anbieten möchten, um sicherzustellen, dass sie ihre Weine spontan vergären und auf die industriellen Gärhefen verzichten, um uns authentische Weine zu liefern.
© K&U