»Orange Wine« ist klar definiert als ein Weißwein, der seine Farbe und Struktur der Maischegärung verdankt, also des Kontaktes der Beerenschale mit dem gärenden Most. Es handelt sich also um Weißwein, der praktisch wie ein Rotwein gemacht wird. Der verdankt seine Farbe, seinen Duft und seinen Geschmack, der von Gerbstoffen dominiert wird, ausschließlich der Schale. Man »extrahiert« diese Informationen bewußt und gezielt aus der Schale. Genau das macht Weißwein zum Orangewine.
Viele der Winzer, die hierzulande als Orangewine-Produzenten gehandelt werden, wollen mit dem Begriff aber nichts zu tun haben. Für sie ist ihr Wein ganz normaler Wein, der nur anders bereitet wird. Das ist auch unsere Sicht der Dinge. Immerhin hat die Diskussion um den Maischekontakt und die Maischegärung eine intensive Diskussion darüber ausgelöst, ob unser Verständnis von Wein bisher nicht viel zu eng war. Viele Spitzenwinzer auch hierzulande arbeiten längst mit mehr oder weniger Maischekontakt in ihren Weißweinen, Maischegärung allerdings wenden nur wenige in Ausnahmeweinen an, aber das Thema hat die Winzerschaft nachhaltig erreicht.
»Orangewine« wird sich durchsetzen als nachhaltige Alternative zum konventionellen Verständnis von Wein. Maischegärung ist ein Jahrtausende altes Weinbereitungsverfahren z. B. in Georgien. Warum sollte sich diese Art der Weinbereitung und Weinkonservierung nicht auch bei uns durchsetzen als Ergänzung und Bereicherung unserer westlichen Weinstilistik? Es gibt viele maischevergorene Weißweine, die uns begeistern. Wir sehen sie aber nicht als »Orange wines«, sondern als Weißweine, die anders bereitet und konserviert werden und insofern eine spannende geschmackliche und stilistische Alternative zu unseren westlichen Weinen sind, die ohne die Phenolik auskommen. Wir sehen spannende Mischformen kommen, weil sich viele Winzer mit dem Maischeeinfluß auf den Weißwein beschäftigen.»Maischekontakt« und »Maischegärung« werden in den kommenden Jahren viele Winzer beschäfitgen und zum prägenden Stilelement in zahlreichen Weißweinen werden.
»Orange wines« taugen hervorragend als Essensbegleiter. Sie dürfen nur nicht zu oxidativ sein. Bei den Orange wines wird in Sachen Präzision in Charakter, Stil und Qualität noch sehr viel passieren in den kommenden Jahren. Oxidative Elemente werden in den Hintergrund treten, physikalische und chemische Präzision werden wichtiger werden. Ohne phenolischen Einfluß, also ohne die im Orange Wine vorhandenen Gerbstoffe, die ihn, ähnlich dem Rotwein, geschmacklich prägen, zeigt Wein keine Mineralität. Das weiß man inzwischen. Der Tankstellen-Pinot Grigio hat demnach alles, nur keine Mineralität, auch wenn »Mineralität« längst zum meistgequälten Wort im Weinbusiness geworden ist. Hochkarätige Orange Wines besitzen tatsächlich eine ausgeprägt schmeckbare Salzigkeit in einer physisch präsenten Substanz im Mundgefühl. Sie harmoniert hervorragend zu präziser Küche, die proteinhaltig und eher salzig im Grundcharakter ist, also zu Fisch, japanischem Miso, zu Sushi und Sashimi und ausgereizter vegetarischer Spitzenküche. Hier tun sich, vor allem durch die andere Physis der Orange Wines, völlig neue Anwendungsbereiche in der Speisen-Wein-Kombination auf. An die Arbeit, die hier mit ein bißchen Toleranz und Neugier schnell zum Vergnügen wird. Es ist erstaunlich, wie schnell sich die eigenen Geschmacksgewohnheiten dem neuen Weinerlebnis »Orange Wine« anpassen.
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