Traminer fand bereits um 1000 n. Chr. in Südtirol Erwähnung. Ampelographen behaupten, daß der Gewürztraminer aus einer Mutation dieses Traminers entstand und daß die Traminer-Familie eine der ältesten der Welt und deshalb ungewöhnlich weitverzweigt sei. Inzwischen ist der historisch jüngere Gewürztraminer die weit häufiger angebaute Variante der alten Rebsortenfamilie Traminer, die als Savagnin im französischen Jura und der Schweiz ein wenig beachtetes Nischendasein führt.
Gewürztraminer hat von allem fast zu viel. Sein kräftiger Körper, seine weiche, fett wirkende Säure und sein exotisches Rosen- und Litschi-Bukett übersättigen schnell, zumal wenn er, wie häufig praktiziert, mit gewissem Restzuckergehalt unterfüttert wird. Zu guten Rohmilchkäsen, deftigen Flammekuchen und kraftvoller Regionalküche kann ein guter, nicht zu restsüßer Gewürztraminer aber die ideale Begleitung abgeben. Und zu asiatischer Küche mit ihrer spannenden Süß-Sauer-Balance empfehlen wir die Rebsorte, die selbst mit forcierter Schärfe gut zurechtkommt, in leichterer und etwas trockener, deshalb aber nicht minder anspruchsvoller Version zuverlässig und gerne.
Gewürztraminer kann exzellent reifen und entwickelt dabei überaus positive Feinheiten und aromatische Nuancen. Traminer und Gewürztraminer gehören zu den langlebigsten Weißweinen überhaupt, weshalb es verwundert, daß sie in Deutschland und Österreich als Roter Traminer ein weitgehend unentdecktes Nischendasein fristen, ganz offensichtlich verdrängt von launischer Weinmode, die gerade mehr Frische und weniger Körper bevorzugt. Das ist schade, denn z. B. in der Steiermark werden famose Rote Traminer erzeugt, die eine erregende Mischung aus Rasse, Körper, Aroma und Struktur offenbaren, die sich über viele Jahre zu faszinierender Komplexität entwickelt.
Gewürztraminer und der deutlich weniger aromatische Traminer mögen etwas weniger angesagte, altmodisch wirkende Rebsorten sein, sie deshalb abzutun oder ganz von der Karte zu streichen erscheint uns etwas hart. Sie begleiten entsprechend geeignete Küche ausgezeichnet und sind ganz abgesehen davon eine historische Bereicherung der Rebsortenpalette, die es zu bewahren gilt. Moden kommen, Moden gehen. Die Zeit wird kommen, wo wir ausgereizt hochwertige Gewürztraminer oder Traminer wieder zu schätzen wissen.