DAP

Diammoniumphosphat (DAP) wird in zahllosen Weinkellern, egal ob groß oder klein, standardmäßig eingesetzt. Es handelt sich dabei um ein wasserlösliches Ammoniumsalz der Phosphorsäure, das künstlich aus Ammoniak und Phosphorsäure hergestellt wird, um als Hefenährstoff eingesetzt zu werden.

Warum?

Damit der gewonnene Most zuverlässig zu Wein vergären kann, brauchen die natürlich wild im Most enthaltenen oder aus synthetischer Reinzucht zugesetzten Gärhefen als lebende Organismen neben der Energiequelle Zucker vor allem stickstoffhaltige Verbindungen, Spurenelemente, Mineralien und andere Überlebensfaktoren. Ohne sie können sie ihre Gär-Leistung nicht erbringen und es kommt zu Gärunterbrechungen, Gärfehlern oder die Gärung startet nicht.

Die immer trockener ausfallenden Klimawandel-Jahrgänge seit 2001 haben vor allem bei konventionell wirtschaftenden Winzern immer trockenere Böden zur Folge, die durch synthetische Düngung und oft jahrelangen Herbizideinsatz so verdichtet und biologisch wie morphologisch kaputt sind, dass sie die notwendige komplexe Nährstoffversorgung aus dem Boden in Rebe und Traube nicht gewährleisten können. 

Deshalb hört man von solchen Weingütern immer wieder, dass spontane Gärung mit natürlicher Hefe nicht möglich wäre. Das stimmt, weil ihre Böden ihre Reben nicht mit den entsprechend notwendigen natürlichen Nährstoffen versorgen können. Deshalb müssen sie ihre Moste mit DAP »füttern«, damit die Reinzuchthefen und Enzyme  , die sie zusetzen müssen, damit ihre Moste schnell und sicher an- und durchgären, was zu jener uniformen »fruchtigen« Stilistik moderner Weine geführt hat, die heute den Markt weltweit dominieren.

Stickstoff ist der wesentliche Nährstoff für die Hefe. Als »NOPA« bezeichnet man jenen hefeverwertbaren Stickstoffanteil, den die Hefe zur vollständigen Gärung benötigt. Ihn kann man in zwei Hauptformen zur Unterstützung der Gärung zusetzen: als Ammoniak, einer anorganischen Stickstoffquelle, die keinen Kohlenstoff enthält, und als Aminosäuren, die als komplexe organische Verbindungen Kohlenstoff enthalten. Die meisten önologischen Empfehlungen zur NOPA-Ergänzung beruhen auf der Zugabe von DAP. Sie beugen damit Gärschwierigkeiten, UTA (untypischer Alterston, also zu früher Verderb) und Böckser vor. Diese Weinfehler basieren ganz wesentlich auf zu hohen Erträgen, schlechter Lesegutqualität und den kaputten Böden der konventionellen Bewirtschaftung. Doch auch im Bio-Anbau lässt die zum Teil dramatische Trockenheit der letzten Jahre inzwischen so manche Nährstoffversorgung kollabieren. In besonders trockenen Jahren wie 2015, 2018 oder 2019 reicht deshalb die Zugabe reinen DAPs zum Most vielfach nicht mehr aus, um die Gärung einzuleiten und problemlos zu Ende zu bringen.

Weil die Quelle des für die Hefe verfügbaren Stickstoffs also ganz offensichtlich für Aroma, Stil und Geschmack des damit vergorenen Weines entscheidend ist, manifestiert sich in diesen Zusätzen der Einfluss des Klimawandels auf den Wein einmal mehr als geschmacksverändernd und stilbildend.

Deshalb gibt es für uns zur Gärung mittels natürlich spontaner Wildhefe keine Alternative. Diesem Grundsatz widmen wir unser Weinprogramm seit über 25 Jahren. Wir waren der erste - und sind vermutlich noch immer der einzige - Weinhändler hierzulande, der sich diesem grundlegenden Qualitätskriterium verschrieben hat. Das zieht weite Kreise, denn es setzt entsprechende chemische, physikalische und biologische Bodenbeschaffenheit als weiteres maßgebliches Qualitätskriterium voraus.

Und schon sind wir mitten in einer agrarpolitischen Grundsatzdiskussion, die wir für existenziell halten. Wein radikal anders.

Anmerkung zur aktuellen Situation im Herbst 2022:
Durch den aktuellen Krieg sind die Energiepreise so gestiegen, daß die Produktion von Ammoniak quasi zum Erliegen gekommen ist. Der Großteil der Phosphatprodukte basiert zudem auf Rohstoffen aus Russland und China, die ihre Exporte Ende 2021 gestoppt haben. Deshalb warnt das staatliche Weinbauinstitut Freiburg (WBI) vor Lieferengpässen und Preissteigerungen beim Hefenährstoff Diammoniumphosphat (DAP). Bereits im Frühjahr waren entsprechende Präparate vorübergehend nicht verfügbar.
Das Institut rät dazu, den Bedarf frühzeitig zu kalkulieren und sich mit den unbedingt erforderlichen Mengen rechtzeitig einzudecken: »Vor dem Hintergrund der massiv gestiegenen Kosten sollten Hefenährstoffe/Gärsalze aber nicht präventiv gegeben werden, sondern nur, wenn wirklich ein Mangel an hefeverwertbarem Stickstoff im Most vorliegt. Ein hefeverwertbarer Stickstoffgehalt von 150–200 mg/l gilt als ausreichend, um eine sichere Vergärung auch bei hohen Oechslegraden zu gewährleisten. Durch die Wahl der verwendeten Reinzuchthefe kann der Nährstoffbedarf beeinflusst werden.«

Und so weiter, kann man da nur sagen ... auch insofern werden Klimawandel und Krieg den Stil (und den Preis) vieler Weine in Zukunft mächtig beeinflussen. 

© K&U