Anbau


Warum deklarieren wir, welcher Bewirtschaftung unsere Weine entstammen?

Um in einer Branche, in der der Boden keinerlei Rolle spielt, darauf aufmerksam zu machen, dass der Boden, auf dem die Reben stehen, für die natürliche Nährstoffversorgung der Trauben entscheidend ist, steuert er doch über die Chemie in der Traube (z. B. Zucker und pH-Wert) den Gärverlauf entscheidend. Der wiederum ist für die Wirkung des fertigen Weines im Mundgefühl alles entscheidend. Mag weit hergeholt klingen, ist es aber nicht: Die Beschaffenheit des Bodens hängt unmittelbar von der Art seiner Bewirtschaftung ab. Deshalb geben wir diese an.

Konventionelle Winzer*innen haben nur selten Ahnung von Bodenchemie, Bodenphysik oder Bodenbiologie. Sie sehen den Boden als Substrat, auf dem ihre Reben stehen. Wenn diese leiden, spritzen sie das Unkraut raus, das angeblich in Wasser- und Wachstums-Konkurrenz zur Rebe steht.  Die Rebzeilen sollen schließlich »sauber« aussehen. Man glaubt nicht, für wieviele Winzer diese zerstörerische »Sauberkeit« wichtiger Nachweis ihrer Arbeit im Weinberg ist. Über die Bedeutung des Begriffes scheinen sie nie nachgedacht zu haben.

Herbizide  verdichten bei regelmäßigem Einsatz den Boden. Erst stirbt die Bodenbiologie. Das schränkt dann die wichtigen Transport-Mechanismen der Bodenchemie ein, so daß schließlich die Reben nicht mehr ausreichend mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden können. Die Konsequenz: es muß gedüngt werden. Die Düngung sorgt aber für weitere Bodenverdichtung, weil sich das Wurzelwerk der Rebe schnell auf die Stickstoff- und Phosphat-Vollpension von oben einstellt. Das treibt ihr vegetatives Wachstum widernatürlich an, was man am dunkelgrünen Blattwerk bis weit in den Herbst hinein schon von weitem erkennen kann. Während biologisch bewirtschaftete Reben, die nie synthetisch gedüngt werden, natürlich abreifen, die Blätter sich also verfärben, um dann irgendwann, wenn die Natur es so will, abzufallen, reifen konventionell bewirtschaftete Reben durch viel zu hohen Stickstoffgehalt im Boden und in der Rebe erst sehr spät im Jahr ab. Diese hohen Stickstoffgehalte steigern zwar zur Freude der Winzer*innen stets die Erträge, allerdings werden zugleich die Traubenhäute dünner und damit zunehmend empfindlicher gegen Pilzbefall und Fäulnis, es muss mehr gespritzt werden. Der Teufelskreis setzt sich in Gang ...

Weil der Druck der Öffentlichkeit durch die Glyphosatdiskussion auf die konventionellen Weingüter zunehmend größer wird, haben viele von ihnen damit begonnen, ihre Rebzeilen zu begrünen. Die meisten tun das aber nur mit Gras oder Standardaussaaten. Bodenbearbeitung machen sie nicht und in den Rebzeilen spritzen viele von ihnen trotzdem noch mit Glyphosat ab - nur eben nicht mehr flächendeckend. Besondere clevere Winzer*innen bearbeiten den Boden ihrer Rebzeilen zwischen den Reben so, dass sie aussehen, als würden sie Bodenbearbeitung machen, damit man die Auswirkungen ihrer Herbzidspritzungen nicht sofort auf den ersten Blick erkennen kann. Bei einigen sogenannten »Spitzenbetrieben« inzwischen übliche Praxis - von uns photographisch dokumentiert.

Glauben Sie in dem Zusammenhang bitte den Webseiten vieler Weingüter nicht. Was da alles als »naturnah«, »umweltschonend«, »heimatliebend«, »traditionell« und »nachhaltig« ausgelobt wird, ist vorsätzliche Verbrauchertäuschung. Ein aufmerksamer Blick in die Weinberge würde genügen, dieses verlogene Greenwashing als Lüge zu entlarven...

Biologisch oder biodynamisch bewirtschaftete Weinberge erkennt man sofort. Ihre Böden sind je nach Jahreszeit entweder frisch gemulcht oder mit speziellen Einsaaten dauerbegrünt. Sie sehen von weitem betrachtet wie Kraut und Rüben aus, aus der Nähe erkennt man die enorme Diversität der Einsaaten in dieser Begrünung. Das Blattwerk ihrer Reben ist weniger dunkelgrün, ihre Blätter sind heller im Grün, wirken dicker und stehen anders, sie fassen sich fester an, wirken weniger lasch. Sie werden nach der Ernte gelb und fallen je nach Rebsorte früher oder später, zusammen mit der sie umgebenden Natur, ab. Engagierte Biowinzer:innen holen sich den Stickstoff, den sie für das Wachstum ihrer Reben und die Versorgung der Gärhefen benötigen, über die Begrünung und deren Photosynthese umsonst aus der Luft und sie machen den Phosphor, den ihre Reben brauchen, den diese aber nur in unmittelbarer Wurzelnähe aufnehmen können, per Einsaat von Roggen und Hafer pflanzenverfügbar. Gewußt wie. Winzerhandwerk. 

Wenn man Bio-Reben im Stadium der Vollreife direkt mit denen konventioneller Nachbarn vergleicht, fällt auf, dass biologisch bewirtschaftete Reben signifikant weniger Behang haben. Die Erträge sind ca. 30% niedriger, die Trauben sind lockerbeeriger, damit besser durchlüftet, damit weniger fäulnisbedroht, die Beeren weisen chemisch höhere Reifegrade bei frischerer Säure und niedrigerem pH-Wert auf. Sie besitzen dickere Beerenschalen, die knacken wenn man auf sie beißt, ihre Beerenkerne sind reif und schmecken nach gerösteten Nüssen, statt in matschiger Konsistenz nach Dosenspargel und nassem Gras. 

Weil Winzer:innen, deren Reben auf lebendigen Böden stehen und nicht mit Pilzmitteln kontaminiert sind, problemlos auf der wilden Umgebungshefe »spontan« vergären können, riechen und schmecken deren Weine zunehmend und nachvollziehbar anders, als selbst die besten konventionell produzierten Weine.

Ihre Trauben sind durch den biologischen Anbau chemisch »reduktiv«, sie kommen also mit viel weniger oder gar keinem Schwefel in der Weinbereitung aus. Je nach Lage und Mikroklima besitzen sie Äpfelsäure/Weinsäure-Verhältnisse, die signifikant niedrigere pH-Werte im Most zur Folge haben und deshalb anders gären, was für Mikrochemie und Geschmack von entscheidender Bedeutung ist.

Dieser Unterschied ist seit ein paar Jahren so eklatant geworden, dass Weine aus ausgereizt biologischem und biodynamischem Weinbau derart engagierter Winzer:innen nicht nur signifikant anders riechen und schmecken, sondern sich auch im Mundgefühl grundsätzlich anders anfühlen. Sie sprechen eine andere Sprache, die eine neue, ganz andere Sensorik fordert. 

Naturnah? Wir wollen nicht verschweigen, dass wir noch einige wenige konventionell wirtschaftende Winzer:innen im Programm haben, die sich die Bioarbeit teilweise oder ganz zunutze machen, aber die Zertifizierung scheuen, weil sie sich die Möglichkeit des letzten Eingreifens vor Totalverlust aus wirtschaftlichen Gründen vorbehalten. 

Solche Winzer:innen, die wir natürlich zur Umstellung zu bewegen versuchen, deklarieren wir je nach Philosophie und Arbeitsweise wohlwollend als »naturnah«, wohl wissend, dass wir uns damit in einer Grauzone befinden, die uns nicht behagt. Dennoch heben sich diese Winzer:innen von den konventionellen ab. 

Wir legen Wert auf die Feststellung, daß wir keinen »klassisch« konventionellen Agrarindustrie-Winzer im Programm haben.

© K&U